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Neues vom Sonnentau: Die Sektion Arachnopus unter dem Mikroskop
Hartmeyer, S. (2004)  Carniflora Australis (AUSCPS) Number 3: 11-17

Der Indische Sonnentau (Drosera indica) kommt nicht nur in Indien vor, sondern hat ein riesiges Verbreitungsgebiet, das von Südafrika über Madagaskar und das tropische Asien bis nach Australien reicht, wo er von Norden her fast bis Sydney zu finden ist. Seine Farbskala reicht von hellgrün bis dunkelrot, die Blüten sind weiß oder pink, und die Größe variiert von wenigen Zentimetern (z.B.: Howard Springs, Australien) bis hin zu ansehnlichen, über 1,50 m langen Exemplaren (z.B.: Südafrika), wobei die großen Arten ohne Kletterhilfe zum Kriechen neigen. Allen gemein sind tropische bis subtropische Lebensräume. Trotz augenfälliger Unterschiede wurden bis Dezember 2000 alle Varietäten als D. indica der (damals monotypischen) Sonnentau Sektion Arachnopus zugeordnet. Dann jedoch fügte Dr. Jan Schlauer mit der Beschreibung von Drosera hartmeyerorum eine zweite eigenständige Art hinzu, deren Fangblätter an der Blattbasis leuchtend gelbe, Maulbeer ähnliche Emergenzen zeigen. Eine aus modifizierten Tentakeln gebildete Struktur, die bisher einmalig ist unter den Sonnentau und deren ungeklärte Funktion nach wie vor Rätsel aufgibt (Dazu inzwischen mehr in unserem Artikel Drosera hartmeyerorum - Der Sonnentau mit Lichtreflektoren  Hartmeyer, I. & Hartmeyer, S. (2006)  DAS TAUBLATT (GFP) 2006/3: 4-9).

Als ich 2002 bei meinem Vortrag anläßlich der 4. Internationalen Karnivoren Konferenz in Tokyo (Japan) unseren Film über die Entdeckung und Beschreibung "unseres" Sonnentaus zeigte, fand dieser u.a. das Interesse von Prof. Dr. Stephen Williams (Lebanon Valley College, USA), der mir ein gemeinsames Projekt (zusammen mit Prof. Dr. Al Wolf und der Studentin Regina Kettering) zur Untersuchung der gelben Emergenzen mittels Raster Elektronen Mikroskop (REM) anbot. Das ist privat schwer zu finanzieren, daher war ich sofort einverstanden. Die Chemikalien zum Präparieren einiger Drosera Blätter in unserem Gewächshaus kamen wenige Wochen später aus Pennsylvania, und wenige Tage darauf schickte ich die fertigen Präparate zur Untersuchung zurück. Diese dauert nach wie vor an, die beiden angefügten REM-Fotos darf ich jedoch bereits jetzt zeigen. Aus dieser Perspektive bekommt man natürlich Lust auf mehr!
REM 2 REM 1
REM Aufnahmen von Drosera hartmeyerorum: Regina Kettering.
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Stephen Williams und seinen Mitarbeitern am Lebanon Valley College, USA.
Drosera hartmeyerorum 2 Drosera hartmeyerorum 1
Drosera hartmeyerorum  Schlauer
Fotos: Dr. Barry Meyers-Rice, USA: www.sarracenia.com
D. indica Emergenzen 1

D. indica Emergenzen 2

Foto oben: Auf dieser über 1 m großen Drosera aff. indica "white flower" (200 x - USB Mik.) aus dem südlichen Afrika finden wir kleine Emergenzen mit gelben halbkugelförmigen Köpfen.

D. indica SA Emerenzen

Bild links:

Diese vormalige Drosera indica "pink flower" (200x - USB Mik.) aus dem Kimberley
zeigt auf dem ganzen Blatt solche Emergenzen.

Anmerkung:
Die Pflanze wurde 2014 in D. serpens umbenannt.
(Korrektur des Namens hier Januar 2016)

D. hartmeyerorum seeds

D.- indica seed 

Samen von D. hartmeyerorum
200-fache Vergrößerung.
Samen von D. indica "pink flower"
200-fache Vergrößerung.
Tatsächlich wurden durch die Beschreibung der gelben Emergenzen einige Personen dazu angeregt, unter dem Mikroskop genauer nachzuschauen. Daher freute ich mich zusätzlich, als Dr. Barry Meyers-Rice (USA, www.sarracenia.com), Editor des "Carnivorous Plant Newsletter" (CPN), mir voriges Jahr u.a. das ebenfalls hier zu sehende Farbfoto schickte. Er hat dieses "Super-Macro"-Foto mittels einer speziellen Linsenkombination erhalten. Gemeinsam mit den REM Bildern ergeben diese einen guten Gesamteindruck der Emergenzen von D. hartmeyerorum. Ein Anruf von Dr. Eberhard König (Überlingen), machte die Sache noch spannender, als dieser mir sagte, auch die von ihm angebotene, grüne Form von D. indica zeige unter dem Lichtmikroskop Emergenzen, die allerdings wesentlich kleiner und von anderer Struktur seien. Ich dachte an Prof. Williams, der beim ersten Anblick der REM Bilder meinte, daß es sich bei den "Köpfen" der gelben Emergenzen anscheinend um einige Riesenzellen handelt. Wurden etwa bisher Emergenzen unterschiedlicher Form (aus Zellen üblicher Größe?) bei Drosera indica, aufgrund ihrer Winzigkeit nicht erkannt?

Die Geschichte geht weiter, als ich auf dem Regionaltreffen der "GFP Süd" in Würzburg 2002 mit Andreas Fleischmann über die Sektion "Arachnopus" spreche. Er befaßt sich auch recht intensiv mit dem Thema und berichtet ebenso von unterschiedlichen, sehr kleinen Emergenzen. Er schickt mir wenig später Samen zweier Varietäten von D. indica, die bald keimen und dank Fütterung schnell wachsen. Beide sollen winzige Emergenzen besitzen. Um der Sache weiter auf den Grund zu gehen, beschließe ich, im Internet ein sogenanntes USB-Mikroskop (ca. € 250,-) zu bestellen, welches über einen USB Anschluß direkt am Computer hängt. Die Auflösung der Bilder mit 30- oder 200-facher Vergrößerung ist zweifellos schlecht, sie genügt aber, um Neues zu entdecken, oder auszuschließen. Hochwertige Mikroskope mit Foto/Video Adapter kosten immerhin das 10-20 fache. Als die Sonnentau endlich groß genug sind, um einige Blätter zur Untersuchung abzuschneiden, kann ich die Beobachtungen von Dr. König und Andreas Fleischmann nur bestätigen. Aufgrund der Aktualität dieser Beobachtungen, freue ich mich, daß Ansgar Rahmacher bereit war, diese USB Bilder trotz der miserablen Auflösung zu drucken.

Aufgrund des riesigen Verbreitungsgebietes von D. indica ist es äußerst schwierig, eine umfassende Dokumentation der Art (oder Arten ?) zu erarbeiten. Wer sich da dran wagt, wird eine Weile beschäftigt sein. Die mikroskopischen Strukturen auch an weltweit vorhandenen, getrockneten Herbarexemplaren zu erkennen, dürfte schwierig sein. Alle bisherigen Untersuchungen, ob am Genom, durch Vergleich unterschiedlicher Samenformen, oder auch jetzt, durch die Beschreibung verschiedener Emergenzen, beschränken sich doch lediglich auf die zufällig in Kultur oder ins Labor gelangten Varietäten. Ich möchte es auch deswegen hier bei zwei Beispielen von "Mikro-Strukturen" belassen, und mich davor hüten deswegen voreilig über neue Arten zu spekulieren. Zum Thema wird es in naher Zukunft sicher weitere interessante Publikationen geben. Viele Sammler haben D. indica unter ihren Fleischis und ich möchte diese mit meinem Artikel ausdrücklich ermuntern, einmal genauer hinzuschauen und die eigenen Beobachtungen bekannt zu machen (z.B. per Email). Es gibt viel zu entdecken, packen wir's an.
 
LITERATUR:

Hartmeyer, S. (2004), Drosera Section Arachnopus Under the Microscope. CARNIFLORA AUSTRALIS 2004/3:11-17.
Schlauer, J. (2001), Drosera hartmeyerorum spec. nov. (Droseraceae), a New Sundew in Sect. Arachnopus from North Australia. CARNIVOROUS PLANT NEWSLETTER 30/4: 104-106.
Hartmeyer, I. & Hartmeyer, S. (2001), Observations on a New Drosera species in the Ord River Region (Australia). CARNIVOROUS PLANT NEWSLETTER 30/4: 107-110.
Hartmeyer, I. & Hartmeyer, S. (2001), FLEISCHIMANIA, Hunting Veggies® Digital Video, 60 minutes (German and English language), private production.
Hartmeyer, I. & Hartmeyer, S. (2002), THE 4th INTERNATIONAL CARNIVOROUS PLANT CONFERENCE IN TOKYO, Hunting Veggies® Digital Video, 170 minutes (English language), private production
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