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Fleischfresser auf dem Blocksberg

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Karnivoren auf dem Brocken im Nationalpark Harz

Irmgard und Siegfried R. H. Hartmeyer


Publiziert in
Das Taublatt Heft 77:4-17 (2013)
(Hier mit kleinen Ergänzungen, wie z.B. dem Bild von D. rotundifolia mit Schnelltentakeln von Thomas Carow und dem Link zum Film auf YouTube)
 
Schlüsselworte: Drosera rotundifolia, Pinguicula vulgaris, Dactylorhiza, Karnivoren, Nationalpark Harz

Teufelskanzel

Teufelskanzel und Hexenaltar auf dem Brocken

Auf dem sagenumwobenen Blocksberg im Harz nach Fleischfressenden Pflanzen Ausschau zu halten, stand schon lange auf unserer Agenda. Der Überlieferung nach treffen sich dort in der Nacht zum 1. Mai, der Walpurgisnacht, die auf ihren Reisigbesen reitenden Hexen zu einer wilden Orgie an der Teufelskanzel (Bild links). Diese aus Granitblöcken bestehende Formation auf der 1141 Meter hohen Brockenkuppe ist bekannt als Schauplatz der Walpurgisszene in Goethes „Faust“. In den Dörfern und Städten unterhalb sind natürlich Hexenpuppen in allen Größen und Farben, oder auch ein dunkles Hexenbier beliebte Souvenirs für Touristen. Hexenmotive gibt es auf Ansichtskarten sogar schon seit den 1880er Jahren. Irgendwie passen da die real existierenden Fleischfresser in den Mooren des Blocksbergs doch prima ins Gesamtbild. Besonders natürlich, wenn man wie Siggi direkt unterhalb des Brockens in Benneckenstein seine ersten Lebensjahre verbrachte. Damals lag der Ort aber noch direkt im Sperrgebiet an der Zonengrenze auf DDR-Seite. Die Enteignung der Hartmeyerschen Firma und schwere Schikanen durch die Behörden des „real existierenden Sozialismus“ führten schließlich zur Flucht der Familie in die Bundesrepublik. Ab Mitte der 1960er Jahre wurde es möglich, ohne Angst vor Verhaftung als „Republikflüchtling“ in die DDR einzureisen. Dadurch wurden für uns Besuche bei Verwandten und Freunden, verbunden mit vielen Wanderungen im Harz zur Regel.
Der Brocken war damals unerreichbares militärisches Sperrgebiet, denn auf der Kuppe lauschten die Antennen des sowjetischen „Großen Bruders“ der DDR in das westliche Umland, bis am 9. November 1989 die Berliner Mauer geöffnet wurde und auch die Zonengrenze endlich der Vergangenheit angehörte. Bereits gegen Mittag des 3. Dezember 1989 erzwangen ein paar Hundert Harzfreunde die Öffnung des Brockentores, um auf die Kuppe zu gelangen. Tatsächlich räumte das sowjetische Militär den Posten bald darauf. Schon 1990 erhielten etwa 60 km2 des sachsen-anhaltinischen Teils einen Nationalparkstatus. 1994 kamen etwa 160 niedersächsische km2 hinzu und seit 2001 sind insgesamt rund 250 km2 als Nationalpark Harz geschützt. Wenn auch skeptisch beäugt von kommerziellen Forstbesitzern, die ihre Fichtenplantagen durch ausschwärmende Borkenkäfer aus dem Schutzgebiet gefährdet sahen. Eine derartige Diskussion findet ja derzeit wieder rund um den geplanten Nationalpark Schwarzwald statt. Mit großem Aufwand mussten seit 1990 etwa 20‘000 Tonnen Kalkschotterbeläge von den Wegen und Kasernenflächen der Brockenkuppe entfernt und abtransportiert werden. Der daraus durch Regenwasser gelöste Kalk bedrohte nämlich direkt die ursprüngliche Flora des Berges durch einen drastischen Anstieg des pH-Werts. Das hätte das Ende der noch verbliebenen natürlichen Flora der Kuppe sowie der Brockenmoore bedeuten können. Gerade Karnivorenfreunde wissen natürlich sehr wohl, dass sie keinesfalls kalkhaltiges Wasser für Moorbeete mit Sonnentau und Co. verwenden dürfen.

Brockenblick auf Brockenbahn

Blick von Brockenkuppe auf die Brockenbahn

Anfang 2013 schließlich stand unser Entschluss fest, den Brocken in Hinblick auf seine Moore und Karnivoren mit der Filmkamera endlich in Augenschein zu nehmen. Den Kontakt mit der Nationalparkbehörde Harz vermittelte der Benneckensteiner Journalist und Freund der Familie Jürgen Kohlrausch. Wir hatten ihm von unseren Plänen erzählt, aber man benötigt natürlich eine spezielle Genehmigung, um auch abseits der Wege die streng geschützten Pflanzen filmen zu dürfen. Es ist aus gutem Grund strikt verboten die offiziellen Wege des Nationalparks zu verlassen, denn die Granitblockfelder des Brockens mit ihren Felsspalten sowie Sumpfgebiete generell sind nicht ungefährlich. Außerdem werden die empfindlichen Pflanzen - nicht nur von Laien - selbst ohne böse Absicht leicht zertreten. Daher freuten wir uns sehr, als die Genehmigung der Nationalparkverwaltung umgehend erteilt wurde und der Brockengärtner Dr. Gunter Karste sogar vorschlug, unsere Filmtour einen Tag lang persönlich zu begleiten. Das Angebot nahmen wir natürlich gerne an. Anfang Juli trafen wir uns mit ihm in Schierke, um von dort morgens mit einem Wagen der Nationalparkverwaltung direkt auf die Brockenkuppe zu fahren.

Bei über 300 Nebeltagen im Jahr, freuten wir uns erstmal dort bei schönstem Sonnenschein den überwältigenden Ausblick auf das Harzvorland genießen zu können. Durch den Kamerazoom schauten wir hinab auf Wernigerode, wo wir uns zu DDR-Zeiten bei Besuchen immer polizeilich anmelden und die Quittung für den vorgeschriebenen Zwangsumtausch vorweisen mussten. Zum Glück lange her, heute reicht die Kurtaxe und ein Anmeldeformular im Hotel. Nahe der Wetterwarte erreichten wir bald darauf den bereits 1890 gegründeten, nach wechselhafter Geschichte inzwischen wieder sehr schön angelegten Brockengarten. Die Anlage mit über 1800 einheimischen und exotischen Pflanzenarten aus den Hochgebirgsregionen der Welt, erfüllt Naturschutz- und Forschungsaufgaben, wobei sie gleichzeitig Lehrzwecken dient. Der Harz ist das erste Mittelgebirge nach Nord- und Ostsee, wodurch ihn kalte Nordatlantikluft ungebremst erreicht. Ein derartiges, von starken Winden geprägtes und mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von 4 °C sehr raues Klima, findet sich in den Alpen erst oberhalb von 1800 -2500 Höhenmetern. Daher ist der Brocken mit seinen lediglich 1141 Höhenmetern der einzige deutsche Mittelgebirgsgipfel mit einer natürlichen Waldgrenze. Das sind optimale Bedingungen für einen Lehrgarten voller alpiner Kräuter aus aller Welt. Interessenten sind übrigens herzlich eingeladen, den Brockengarten werktags zwischen 11:30 bis 14:00 Uhr zu besichtigen. An den Wochenenden ist dies im Anschluss an die Führungen der Ranger möglich.

Pinguicula grandiflora im Brockengarten
Pinguicula grandiflora im Brockengarten


Kleines Hangmoor mit Wollgras
Kleines Hangmoor mit Wollgras

Dr. Karste erklärte viele Pflanzen und ihre Herkunft ausführlich, wobei er aus einem profunden Fundus botanischen Wissens schöpfte. Wir haben dabei auf unterhaltsame Weise wirklich viel gelernt. Gleich hinter dem Eingang an der Wetterstation gibt es einen Bereich mit Kräutern, die häufig zwischen Wernigerode und der Brockenkuppe vorkommen. Darunter natürlich der im Harz häufige Rote Fingerhut (Digitalis purpurea), die Brocken-Kuhschelle (Pulsatilla alba) und das endemische, also tatsächlich nur hier vorkommende Brocken-Habichtskraut (Hieracium nigrescens ssp. bructerum). Tatsächlich gibt es im Garten auch ein Moorbeet mit Sonnentau und Fettkräutern. Um diese Karnivoren in ihrer natürlichen Umgebung auf dem sagenumwobenen Blocksberg zu filmen, waren wir ja gekommen. Also führte uns Herr Karste, mit dem wir uns prima verstanden, anschließend zu mehreren abseits liegenden Standorten, deren genaue Lage wir aus verständlichen Gründen nicht preisgeben. Tatsächlich bedecken die für den Brocken typischen Hangmoore oft nur relativ kleine Flächen, die ohne ein striktes Zutrittsverbot durch Publikumsverkehr ganz schnell aufs Schwerste geschädigt wären. Unter den strengen Augen des Brockengärtners bewegten wir uns hier mit der Kamera fast zeitlupenartig über den Moosteppich, jeden Schritt vorsichtig berechnend, um ja nichts zu zertreten.

Es gibt in Deutschland über ein Dutzend Karnivorenarten, verteilt auf vier streng geschützte Gattungen: Aldrovanda (Wasserfalle), eine äußerst seltene, freischwimmende nahe Verwandte der Venus Fliegenfalle, Drosera (Sonnentau), Pinguicula (Fettkräuter) und Utricularia (Wasserschläuche). An einem schmalen Bachlauf in einer Wiese fanden wir das Gemeine Fettkraut (Pinguicula vulgaris) sogar in Blüte. Es fängt kleine Gliedertiere, die an den kurzen Leimtentakeln der Blattoberfläche kleben bleiben und durch Enzyme verdaut werden. Diese Verdauungsenzyme lassen Milch gerinnen, weshalb es früher besonders im Norden Europas auch zur Herstellung von Butter und weiterer Milchprodukte verwendet wurde. Daran ist auch die englische Bezeichnung der Fettkräuter angelehnt: Butterwort, was Butterkraut bedeutet.
Pinguicula vulgaris im Nationalpark Harz
Pinguicula vulgaris im Nationalpark Harz
Pinguicula vulgaris im Nationalpark Harz
Pinguicula vulgaris im Nationalpark Harz
Inmitten eindrucksvoller, mit Schmalblättrigem Wollgras (Eriophorum angustifolium) durchsetzter Areale, überzogen mit einem dichten Torfmoosteppich (im Harz gibt es 25 Arten Sphagnum), fanden wir zahlreiche Rundblättrige Sonnentau (Drosera rotundifolia). Dazwischen Moosbeere (Vaccinium spec.), Rauschbeere (Vaccinium uliginosum) und Rosmarinheide (Andromeda polifolia). Umsäumt sind diese Hangmoore von den für den Brocken typischen Fichtenwäldern. Der Sonnentau fängt viele der im Sumpf ringsrum massenhaft schlüpfenden Stechmücken. Daher kann er nicht nur wegen seiner pharmazeutischen Eigenschaften, wie der schleimlösenden Wirkung in Hustensaft, für den Menschen als durchaus nützlich eingestuft werden. D. rotundifolia ist der am weitesten verbreitete Sonnentau der nördlichen Hemisphäre. Er findet sich vom Norden der USA über Skandinavien und Sibirien bis nach Japan. Seine Fähigkeit Tiere anzulocken, diese mit den beweglichen Leimtentakeln oder durch Einrollen des ganzen Blattes festzuhalten und mit Enzymen zu verdauen, ermöglicht das Überleben in nährstoffarmen Mooren. Zusätzlich hat sich diese Art im Wechsel vergangener Eis- und Warmzeiten durch Bildung einer robusten Winterknospe an ein arktisches Klima angepasst. Diese ermöglicht das schadlose Überstehen auch monatelanger harter Frostperioden. Eine wichtige Voraussetzung für das Überleben der mehrjährigen Pflanzen im sehr rauhen Brockenklima. Das schaffen nur sehr wenige der weltweit rund 200 Sonnentauarten, von denen über 100 allein im Hauptverbreitungsgebiet in Australien vorkommen.

Unsere heimischen Sonnentau hat schon Charles Darwin (1875) sehr gründlich untersucht und viel wurde seither dazu veröffentlicht. Dennoch fanden wir bei unseren Untersuchungen der Schnelltentakel unterschiedlicher Droseraarten aus aller Welt (Hartmeyer & Hartmeyer, 2005 - 2010) auch bei D. rotundifolia eine unseres Wissens bisher nirgends publizierte Besonderheit. Am Blattrand ausgewachsener Fallen blilden sich meist Leimtentakel, die mit einer breiten Basis aus dem Blatt hervorwachsen. Sie können sich nur in zwei Richtungen bewegen, nach oben zum Blattzentrum und zurück. Wir bezeichen sie als T1-Tentakel (Hartmeyer & Hartmeyer, 2010. Poppinga et al., 2013). Die senkrecht auf der Blattoberfläche wachsenden Fanghaare (T0-Tentakel) können sich dagegen mit ihren zylindrischen Stielen in jede Richtung auf Beute zubewegen. Zeitweise besitzen die Marginaltentakel jedoch keine Fangschleim produzierenden Köpfe, sondern trockene bilateralsymetrische Köpfe mit flacher Unterseite und einer erhabenen kissenförmigen Zellstruktur auf der Oberseite. Diese nennen wir T2-Tentakel, oder auch Schnelltentakel. Bei Arten wie D. burmannii können sie Beutetiere, wie vorbeilaufende Ameisen, nach Berührung des Kopfes in etwa 10-15 Sekunden auf das Blatt heben und dort regelrecht festklemmen. Letzteres ist ein effektiver Schutz vor Beutediebstahl durch Kleptoparasiten. Charles Darwin (1875) dokumentierte für diesen, allerdings auch temperaturabhängigen Vorgang bei D. rotundifolia: 10 Sekunden nach Berührung erfolgt die vollständige Bewegung während etwa einer Minute. Bei adulten Pflanzen von D. anglica und D. intermedia konnten wir übrigens keinen Bimorphismus (zwei unterschiedliche Formen) der Fallen feststellen. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass es bei der australischen D. glanduligera zusätzlich T3-Schnelltentakel gibt, die über ein einzigartiges hydraulisch angetriebenes Gelenk verfügen. Dadurch können sie Beute innerhalb von 75 Millisekunden von der Pflanzenperipherie in das klebrige Blattzentrum katapultieren. Das geht schneller als die berühmte Venus Fliegenfalle zuklappt. Wir dokumentierten und beschrieben das in Zusammenarbeit mit der Plant Biomechanics Group des Botanischen Gartens der Universität Freiburg voriges Jahr als neuen aktiven Fallentyp in der Gattung Drosera: die Katapult-Leimfalle (Poppinga et al., 2012).

Die unterschiedlichen Tentakelformen (siehe Bilder unten) bei adulten D. rotundifolia sind sicher kein Grund hier eine Variante oder gar Unterart zu vermuten. Beide konnten wir in unserer Karnivorensammlung zeitweise an derselben Pflanze finden. Auch alle Sämlinge unserer heimischen Sonnentauarten und deren Hybriden bilden nach der Keimung T2-Schnelltentakel. Die verschwinden aber wieder, sobald die Pflanze größer wird. Wie häufig und durch welchen Auslöser diese unterschiedlichen Fangblätter bei D. rotundifolia gebildet werden, ist nicht bekannt. Eventuell hat ja einer der Leser Interesse, das Thema unter die Lupe zu nehmen. In den Mooren des Brockens fanden wir überwiegend Pflanzen mit marginalen Leimtentakeln, nur an wenigen Blättern waren Schnelltentakel ausgebildet. An dieser Stelle möchten wir noch anmerken, dass die Bezugsquelle der einheimischen Drosera in unserer Sammlung die Spezialgärtnerei Thomas Carow in Nüdlingen war. Keine unserer Versuchspflanzen wurde der Natur entnommen.
Hangmoor
Hangmoor mit vielen Drosera rotundifolia (Bild unten)


Drosera rotundifolia
D. rotundifolia ohne Schnelltentakel (bei Benneckenstein)
D. rotundifolia ohne Schnelltentakel (bei Benneckenstein)
D. rotundifolia mit Schnelltentakeln (Foto: Th. Carow)
D. rotundifolia mit Schnelltentakeln (in Kultur. Foto: Thomas Carow)

Schnelltentakel von D. rotundifolia
Schnelltentakelkopf von D. rotundifolia (in Kultur. USB-Mikroskop: S. Hartmeyer)

Für die äußerst seltene Wasserfalle ist es auf dem Brocken wohl schlicht zu kalt. Auch die wesentlich häufigeren heimischen Wasserschläuche mit ihren im Sommer aus dem Wasser ragenden gelben Blüten haben wir nicht gefunden. Die Deckel der Fangblasen können sich in weniger als einer tausendstel Sekunde öffnen, um Beute einzusaugen (Vincent et al.. 2011) und bilden damit den schnellsten Fangmechanismus überhaupt. Ihr Vorkommen auch in kleinen Seen oder Tümpeln des Nationalparks Harz ist aufgrund ihrer weiten Verbreitung aber sehr wahrscheinlich. Bevor wir uns gegen Abend dankbar von Gunter Karste verabschiedeten, führte er uns noch, sozusagen als Zugabe, an eine Bergwiese mit wunderschön blühendem Knabenkraut (Dactylorhiza), einer heimischen Orchideenart.

Als wir wieder in Benneckenstein eintrafen, suchten wir uns erst einmal gründlich nach Zecken ab, die in Moorgebieten leider recht häufig sind. Aber bis auf einige Mückenstiche und einen leichten Sonnenbrand im Gesicht hatten wir die Brockentour heil überstanden. Allerdings lag noch ein weiterer Ausflug vor uns, der Siggi ganz persönlich begeisterte. Jürgen Kohlrausch hatte angedeutet, dass er noch einen Standort ganz in der Nähe von Benneckenstein kenne, wo die Hartmeyers bis zur Flucht aus der DDR lebten. Allerdings sei er schon seit 20 Jahren nicht mehr dort gewesen. Tatsächlich fanden wir die Stelle mit einigen großen D. rotundifolia bei einem gemeinsamen Ausflug und freuten uns alle riesig.

Moor bei Benneckenstein
Hochmoor bei Benneckenstein

Das kleine aber feine Hochmoor (Bild links) liegt in direkter Nähe der ehemaligen Sperrzone entlang der Zonengrenze. Wahrscheinlich blieb es gerade deswegen über Jahrzehnte unberührt. Es klingt paradox, aber tatsächlich erstreckt sich in Deutschland entlang des 1400 km langen ehemaligen Todesstreifens inzwischen ein schutzwürdiges, als „Grünes Band“ bezeichnetes Areal. Es ist außergewöhnlich reich an seltenen Tier- und Pflanzenarten, die ausgerechnet zwischen Selbstschussanlagen und in Minenfeldern ein Refugium fanden, unberührt von Landwirtschaft, Urbanisierung und Straßenbau. Faszinierend, damit ist jetzt auch Siggis alte Heimat für uns fest mit den Karnivoren verknüpft. Abschließend möchten wir uns an dieser Stelle ganz herzlich für die großartige Unterstützung unserer Filmtour durch Brockengärtner Gunter Karste und Jürgen Kohlrausch bedanken. Unser Film über „Die Fleischfresser auf dem Blocksberg“ ist inzwischen auf YouTube zu sehen (Link unten).


Fleischfresser auf dem Blocksberg

Literatur:

Darwin, C. 1875. Insectivorous Plants. John Murray, London.

Hartmeyer, I., and Hartmeyer, S.R.H. 2005. Drosera glanduligera – Der Sonnentau mit “Klapp-Tentakeln”. Das Taublatt 2005/2: 34-38.

Hartmeyer, I., and Hartmeyer, S.R.H. 2010. Snap-tentacles and runway lights. Carnivorous Plant Newsletter 39:101-113.

Karste, G. und Steingaß, F. 2013. Sagenumwobener Berg. Der Brocken im Nationalpark Harz. 5. Auflage. Herausgeber Nationalpark Harz.

McPherson, S. 2008. Glistening Carnivores – The Sticky-leaved Insect-Eating Plants. Redfern Natural-History Productions, Poole, Dorset.

Poppinga, S., Hartmeyer, S.R.H., Seidel, R., Masselter, T., Hartmeyer, I., and Speck, T. 2012. Catapulting tentacles in a sticky carnivorous plant. PLoS ONE 7(9):e45735.

Poppinga, S., Hartmeyer S.R.H., Masselter T., Hartmeyer I., and Speck, T. 2013. Trap diversity and evolution in the family Droseraceae. Landes Bioscience: Plant Signaling & Behavior Volume 8, Issue 7

Seine, R., and Barthlott, W. 1993. On the morphology of trichomes and tentacles of Droseraceae Salisb. Beitr. Biol. Pflanzen 67: 345-366.

Vincent, O., Weißkopf, C., Poppinga, S., Masselter, T., Speck, T., Joyeux, M., Quilliet, C., and Marmottant, P. 2011. Ultra-fast underwater suction traps. Proc. R. Soc. B 278: 2909-2914.

 

English Abstract:

In 2013, the authors visited some bogs on the German mountain Brocken, situated at the National Park Harz, a natural growing site of Pinguicula vulgaris and Drosera rotundifolia. Adult plants of the “Round-leaved Sundew” show either sticky marginal tentacles or glue-free snap-tentacles, sometimes even both types on one plant. Topics are in addition the mystical role of the Brocken, which is famous as the scene of the “Walpurgisnacht” in Goethe’s drama “Faust”, as well as its recent political history and botanical importance. D. rotundifolia occurs also at another small bog below the mountain, close to the former Zonal Border (Zonengrenze) which divided Germany until 1989. The land below the border installations, containing spring guns and minefields, remained for decades undisturbed from agriculture, urban growth and road construction. Thus, it became a refugium for rare and endangered plants and animals. Today this former 1400 km long death zone received the name “Grünes Band” (green band) and large parts became protected for its precious wildlife.