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Technical Refereed Contribution (CPN 2013)

Per Katapult in die Todesfalle:

Der einzigartige Fangmechanismus von Drosera glanduligera Lehm.


Übersetzung und erweiterte Version des englischsprachigen Artikels Catapults into a deadly trap: The unique prey-capture mechanism of Drosera glanduligera” (Carnivorous Plant Newsletter 42(1), 2013).
Siegfried R. H. Hartmeyer1, Irmgard Hartmeyer1, Tom Masselter2, Robin Seidel2, Thomas Speck2, Simon Poppinga2. Übersetzung ins Deutsche von S.R.H. und I. Hartmeyer.

1) DE-79576 Weil am Rhein. 2) Plant Biomechanics Group Freiburg • Botanischer Garten • Biologische Fakultät • Universität  Freiburg • Schänzlestrasse 1 • DE-79104 Freiburg im Breisgau.

Publiziert in Das Taublatt Heft 75:12-32 (2013)

Schlüsselwörter: Katapult-Leimfalle, Kultur, Drosera glanduligera, funktionelle Morphologie, Biomechanik, Schnelltentakel.


Bild links: Titelseite Das Taublatt Heft 75 2013/1: Die Katapult-Leimfalle von
Drosera glanduligera.



Einführung

 
Aktive Fangmechanismen gehören zu den spektakulärsten Beispielen dafür, wie Fleischfressende Pflanzen ihre Beute einfangen (Darwin 1875; Lloyd 1942; Juniper et al. 1989). Vor Kurzem konnten wir zeigen, dass der australische „Pimpernel Sundew“ Drosera glanduligera Lehm. aktive kombinierte Katapult-Leimfallen ausbildet, die mittels eines ausgeklügelten Zweistufenmechanismus funktionieren (Poppinga et al. 2012): Nach einer mechanischen Stimulation schleudern marginale Schnelltentakel an der Peripherie der Falle befindliche Beute in weniger als einer Zehntelsekunde, oftmals rücklings mit den Beinen nach oben, auf die klebrigen Leimtentakel der Blattoberfläche. Angeregt durch die mechanische Stimulation des Aufpralls, transportieren daraufhin Leimtentakel die Beute in eine ausgeprägte Vertiefung im Blattzentrum, wo die Verdauung stattfindet (Verdauungsmulde).
 
Die katapultierenden Schnelltentakel wurden in Hinblick auf ihre Kinematik, funktionelle Morphologie und Anatomie untersucht und unsere Beobachtungen bestätigen eine komplexe Anpassung an die Karnivorie. Wir planten von Beginn an, unsere Forschungen mit einem informativen Film zu dokumentieren (Hartmeyer & Hartmeyer 2012a, b) und zusätzlich zu den internationalen Publikationen in Englisch auch einen deutschen Text für die Leser des Taublatts zur Verfügung zu stellen. Diese Übersetzung ist eine leicht modifizierte Version unseres aktuellen CPN-Artikels „Catapults into a deadly trap: The unique prey-capture mechanism of Drosera glanduligera” (Hartmeyer et al. 2013). Er bietet eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Resultate unserer Originalarbeit (Poppinga et al. 2012), einige darüber hinausgehende Hintergrundinformationen, zusätzliche morphologische Beobachtungen sowie Interpretationen (die sicher einige Diskussionspunkte enthalten) und eine detaillierte Beschreibung zur Kultur dieser anspruchsvollen Karnivore.
 
Vorgeschichte
 
Als der deutsche Botaniker Johann Georg Christian Lehmann 1844 die eher unscheinbare Drosera glanduligera gemeinsam mit einigen anderen australischen Sonnentauarten anhand von Herbarmaterial erstmals wissenschaftlich beschrieb, konnte er dabei natürlich keine Tentakelbewegungen mehr feststellen. Kaum verwunderlich, schenkte die Wissenschaft den im Süden Australiens recht häufig vorkommenden kleinen klebrigen Rosetten auch keine besondere Aufmerksamkeit, zumal ja Darwins Pionierarbeit „The Insectivorous Plants“ (Darwin 1875) erst 31 Jahre später publiziert wurde, wodurch die tierefressenden Gewächse erstmals wissenschaftlich seriös salonfähig wurden - wenn auch gegen heftigen Widerstand aus religiösen Kreisen, der erschreckenderweise gar nicht so selten bis heute anhält. Zweifellos wäre der große Charles Darwin über einen Sonnentau mit Katapulten am Blattrand entzückt gewesen.
 
Obwohl in den folgenden 150 Jahren mehrere Sachbücher erschienen (Erickson 1968; Lowrie 1989), die zahlreiche australische Arten der Gattung teils recht ausgiebig beschrieben, war von einer schnellen Tentakelbewegung der in Australien „Pimpernel Sundew“ genannten einjährigen Pflanze niemals die Rede (Der Name bedeutet übersetzt Gauchheil- oder Anagallis-Sonnentau und soll wohl aufgrund der weiten Verbreitung und Häufigkeit den „Unkrautcharakter“ hervorheben). Das gilt auch noch für die umfangreiche Untersuchung von Seine und Barthlott (1993), die in ihrer Arbeit sehr detailliert die morphologischen Eigenschaften der Tentakelspitzen und Emergenzen zahlreicher Drosera mit einem Rasterelektronenmikroskop (REM) vergleichend untersuchten. Tatsächlich dokumentierten sie erstmals bei D. glanduligera für die Gattung einzigartige schleimfreie, bilateral symmetrische Tentakel mit gehobenem Kopf (im Original: bilateral symmetric tentacles with raised head). Aber auch Seine und Barthlott bemerkten bei der Analyse der von Seine gesammelten Proben (siehe Material) keine schnellen Tentakelbewegungen.
 
Der Erste, der bei D. glanduligera über eine Tentakelbewegung in Sekundenbruchteilen offiziell berichtete, war der Australier Richard Davion, der darüber zwei Artikel in der eher regional erhältlichen „Flytrap News“ der Karnivorengesellschaft von New South Wales publizierte (Davion 1995; 1999). Darin behauptete er, dass die „Tentakel mit trockenen Köpfen durchaus in der Lage sind, Ameisen ins Zentrum der Fallen zu schleudern“. Er hatte das bereits als 9-Jähriger im Cannington Swamp bei Perth erstmals beobachtet (pers. Komm.), dem schenkte jedoch niemand Beachtung oder man glaubte es ihm einfach nicht. Aus diesem Grund schickte er 2003 einen Brief an uns – er kannte unsere Karnivorenvideos und wusste daher, dass wir bereits bei anderen Sonnentau über schnell bewegliche Randtentakel berichtet hatten. Er legte einige Samen bei, mit der Bitte, die daraus wachsenden Pflanzen auf ihre schnelle Bewegung hin zu untersuchen und zu filmen. Aufgrund der ungewöhnlich schwierigen Kultur von D. glanduligera, die erst einmal beherrscht werden musste, vergingen rund zwei Jahre, bis es tatsächlich gelang, Davions Schilderungen der Tentakelbewegung mit der Kamera im Gewächshaus eindeutig zu bestätigen, sowie erste Geschwindigkeitsmessungen anhand von Videoeinzelbildern durchzuführen (PAL-Video = 25 Bilder/Sekunde). Diesmal waren es die Leser des Taublatts (Hartmeyer & Hartmeyer 2005), die zuerst von diesem ungewöhnlichen Sonnentau mit Klapptentakeln erfuhren, welche sich nach ersten Messungen in etwa einer Zehntelsekunde (gemessen damals 0,16 s) um etwa 180° biegen (eigentlich sogar 360°, wenn sie nicht durch das Blatt gestoppt werden), sich also in der gleichen Größenordnung bewegen, in der die berühmte Venus Fliegenfalle zuklappt. Der erste Autor, der diese Experimente der Hartmeyers detailliert in einem Sachbuch über Karnivoren erwähnte, war Stewart McPherson (2008) in seinem Werk „Glistening Carnivores“.
 
Die Diskussion in Fachkreisen wurde weiter angeregt, als eine Videodokumentation der Experimente (Hartmeyer & Hartmeyer 2006) mit einem vergleichenden Überblick über die Morphologie der unterschiedlichen Marginaltentakel der Gattung an der ICPS-Konferenz in Frostburg 2008 präsentiert wurde. In der Folge erschien im CPN der ICPS ein auf den neuesten Stand gebrachter Artikel (Hartmeyer & Hartmeyer 2010) über die schnellen Tentakelbewegungen, der wiederum die Aufmerksamkeit einiger Biologen an der Universität Freiburg erregte, die sich seit einigen Jahren mit schnellen Bewegungen karnivorer Pflanzen beschäftigten und sich daher mit den Hartmeyers in Verbindung setzten.
 
Tatsächlich war ja Davions Behauptung, dass die Schnelltentakel von D. glanduligera sogar in der Lage seien, Beute vom Rand der Falle ins Zentrum der Pflanze zu schleudern, noch nie experimentell untersucht worden war. Und so einigte man sich im November 2011, diese Wissenslücke durch entsprechende Experimente mit Beutetieren zu schließen und die funktionelle Morphologie der Katapultfalle mittels Hochgeschwindigkeitskamera, HD-Kamera, Rasterelektronenmikroskop, Lichtmikroskop und Gewebeschnitten zu untersuchen. Die erstaunlichen Ergebnisse wurden im September 2012 unter dem Titel „Catapulting tentacles in a carnivorous plant“ (Katapultierende Tentakel bei einer karnivoren Pflanze) bei PLoS ONE (USA) online und open access (für jeden frei zugänglich) veröffentlicht (Poppinga et al. 2012).
 

Die Kultur von D. glanduligera

 
Die Leser des Taublatts haben zur Haltung ja bereits als Erste grundlegende Hinweise erhalten (Hartmeyer & Hartmeyer 2005). Wir gehen hier nochmals detailliert darauf ein, da wir mit den recht außergewöhnlichen Kulturbedingungen inzwischen einige Erfahrung haben und ein gesundes Überleben der Art zwar mit Aufwand verbunden ist, aber auch für Amateure durchaus im Bereich des Möglichen liegt, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.
 
Die einjährige D. glanduligera ist im Süden Australiens weit verbreitet (Erickson 1968) und benötigt während ihrer kurzen Vegetationsperiode von 6-8 Monaten kühle Nächte, aber warme Tage. Während der letzten zehn Jahre bestätigte sich im Gewächshaus immer wieder, dass die nach der Reife im Mai/Juni ausgestreuten Samen im Herbst keimen, sobald die Temperatur erstmals während 3-7 Nächten deutlich unter 8-10°C fällt, nachdem die Samen den Sommer über auf einem feuchten Torf/Sand-Gemisch (teilweise mit Seramis oder Bimskies) in der prallen Sonne standen. Ende September 2012 reichten drei Nächte mit 4-5 Grad, um die Keimung auszulösen. Erfolgt die Aussaat zu spät, z. B. Mitte Juli, kann dies die Keimung um ein ganzes Jahr verzögern. Wir benutzen weder GA3 (Gibberellinsäure) noch andere Substanzen um die Keimung zu forcieren. Etwa 300 Samen wurden im Juli 2010 ausgesäht, wovon etwa 200 mit erstaunlicher Verspätung erst im Oktober 2011 keimten. Rund 150 Pflanzen wuchsen heran und standen für unsere Experimente zur Verfügung.
 
Für ein gesundes Wachstum dürfen die Nachttemperaturen bis Anfang März nur knapp über dem Gefrierpunkt liegen. Tagsüber ist viel Licht nötig und Temperaturen um 15-25°C. Im Januar 2012 schwankten sie konkret zwischen 0,8 und 27 Grad. Ein Frostwächter verhindert im Kalthaus das Abkühlen unter den Gefrierpunkt, das nötige Licht erreichen wir durch eine sonnige Südwestlage in Kombination mit einer 400-Watt-HQI-Lampe. Wenn die Temperatur vor März mehrere Nächte über acht Grad ansteigt, löst das eine verfrühte Blüte aus, wodurch die Pflanzen vorzeitig absterben und nur wenige Samen ansetzen. Wir testeten dies an einigen Töpfen, die im Januar 2012 versuchsweise für zwei Wochen in ein tropisches Gewächshaus gestellt wurden, wo die Nachttemperaturen bei 12-15 Grad lagen. Mehr als die Hälfte dieser Pflanzen begann dabei Blütenstängel zu bilden, während dies im Kalthaus nicht der Fall war.
 
Abgesehen von Licht und Temperatur gibt es jedoch noch einen sehr wichtigen Aspekt, der beachtet werden muss: D. glanduligera benötigt für ihr außergewöhnlich schnelles Wachstum (die Pflanzen leben nur ca. 5-6 Monate) von Beginn an permanent Nahrung. Nur dann findet die 4-6-wöchige Metamorphose statt, in welcher sich die marginalen Leimtentakel der Keimlinge über mehrere Blattgenerationen mit Zwischenstadien zu funktionierenden Katapulten entwickeln. Am Naturstandort besteht die Beute wahrscheinlich überwiegend aus Collembola (Springschwänzen), wie Untersuchungen auch an sympatrisch wachsenden Arten zeigen (Verbeek & Boasson 1993; Watson et al. 1982), daher ist es ideal, wenn diese weltweit verbreiteten Gliedertiere bereits im Substrat der Töpfe leben. Sie werden dann sehr erfolgreich gefangen und gefressen (Hartmeyer & Hartmeyer 2010). Ist dies nicht der Fall, kann man auf zerriebene Fischfutterflocken ausweichen, deren kleinste Teile mit einer Lupenpinzette aufgepickt und Blatt für Blatt gefüttert werden, was bei einer größeren Anzahl Versuchspflanzen recht zeitaufwändig ist. Erreicht der Blattdurchmesser etwa 3 mm, kann man auf Fruchtfliegen (Drosophila melanogaster) umsteigen, die anfangs noch mit einem Skalpell halbiert werden, um nicht zu überfüttern und Schimmelbildung zu vermeiden. Sind die Blätter dann 5-6 mm groß, können problemlos ganze Drosophila, später auch mehrere pro Blatt gegeben werden. Bei ausreichender Nahrung bilden die Pflanzen nach der Metamorphose alle 3-4 Tage ein neues Fangblatt, weshalb eine Fütterung etwa zwei Mal pro Woche empfehlenswert ist.


Blüte, Samenbildung und Samenmorphologie
 
Unter den oben beschriebenen Bedingungen begann die Blüte Anfang März und dauerte bis Ende April (Bild 1a). Nachdem sich die Blüten geöffnet haben können auch die Nachttemperaturen über zehn Grad steigen und selbst Tagestemperaturen über 30 Grad werden in diesem Stadium schadlos überstanden. Die Pflanzen müssen jetzt so viel Licht wie möglich erhalten.
 
In Kultur findet meist Selbstbestäubung statt, woraufhin sich am Blütenstängel zahlreiche Samenkapseln bilden, während sich an der Spitze immer noch neue Blüten öffnen (Bild 1b). Anfang Mai sind die meisten Samen reif und die Pflanzen beginnen fast gleichzeitig, innerhalb weniger Tage abzutrocknen und braun zu werden. Ende Mai bis Anfang Juni sollten die gereiften Samen geerntet werden, wobei es nicht einfach ist, diese aus den selbst trocken noch sehr klebrigen Blütenstängeln zu pulen. Jede Pflanze produziert mehrere Hundert Samen, die wahrscheinlich durch den Wind und das Herausschleudern durch Regentropfen verteilt werden. Beobachtungen vom Standort fehlen dazu bisher.
 
Die Oberfläche der runden Samen zeichnet sich durch konkave Testazellen aus (Bild 1c). Da konkave Zellen bei frischem Pflanzenmaterial selten sind, bei getrockneten Samenoberflächen jedoch häufig vorkommen, ist die Einbuchtung der äußeren Epidermis wahrscheinlich auf Wasserverlust und daraus resultierende Schrumpfungseffekte zurückzuführen. Darüber hinaus sind epikutikulare Wachskristalle des Körnchen- und Rodlettyps gemäß der Typisierung von Barthlott et al. (1998) gleichmäßig über die ganze Testa (Samenschale) verteilt.

Fig. 1 GB
Bild 1: Drosera glanduligera in Kultur. a) Blüte. b) Ausgewachsene Pflanzen produzieren zahlreiche Samenkapseln an den Blütenstängeln.
c) REM-Aufnahme eines Samenkorns mit konkaven Testazellen und epikutikularen Wachskristallen.

 
Analyse des Beutefangs
 
Obwohl sie sehr wahrscheinlich in der Natur nicht die natürliche Beute sind, benutzten wir für unsere Experimente zum Beutefang Fruchtfliegen (Drosophila melanogaster), da diese im Handel leicht erhältlich und einfach zu halten sind. Unsere Absicht war es zu untersuchen, welche Rolle Schnelltentakel beim Beutefang spielen, d. h., ob die Tentakel tatsächlich in der Lage sind, Beutetiere unter Laborbedingungen zu schleudern (Davion 1995; 1999). Es steht nach wie vor aus, dieses Verhalten am Standort mit der natürlichen Beute (z. B. Collembola, Ameisen) zu untersuchen und die Relevanz für die Pflanze zu ermitteln. Eine ausführliche Beschreibung der verwendeten Materialien und Methoden, sowie ein Ausblick auf weiterführende Projekte finden sich in unserem Originalartikel (Poppinga et al. 2012).
 
Wir setzten Fruchtfliegen neben die Pflanzen und nahmen die Fangvorgänge mittels HDV-Kamera und einer Hochgeschwindigkeitskamera mit 2000 Bildern pro Sekunde auf. Die resultierenden Videos (Hartmeyer & Hartmeyer 2012; Poppinga et al. 2012) zeigten eindeutig, dass die schnelle Katapultfunktion der Schnelltentakel kombiniert ist mit einem langsameren „Förderband-Mechanismus“ der zentraleren Leimtentakel des Fangblatts. Zuerst wird die Beute angehoben und von den Schnelltentakeln auf das Fangblatt geworfen, wobei diese sich nach mechanischer Stimmulation durch das Beutetier innerhalb von 75 Millisekunden zum Blattzentrum biegen. Dort befindet sich die Beute in einer äußerst prekären Situation, denn bei den meisten Beutewürfen landete diese mit dem Rücken auf den Leimtentakeln und wir gehen davon aus, dass dieser Mechanismus effektiv die Beweglichkeit der Beute einschränkt. Ausgelöst durch die mechanische Energie des Aufpralls (oder auch indirekt ohne direkte Berührung) beginnen sich dann auch die Leimtentakel in Richtung auf das Blattzentrum zu biegen. Das geschieht zwar deutlich langsamer in etwa zwei Minuten, ist jedoch immer noch recht flott für eine Tentakelbewegung. Dabei wird die Beute in eine konkave Mulde, wo die Verdauung stattfindet, im Zentrum der Falle transportiert, offensichtlich auch gut geschützt vor Kleptoparasiten, die beispielsweise bei den sympatrischen Drosera erythrorhiza bekannt sind (Watson et.al. 1982). Im Gegensatz zu vielen anderen Sonnentau (Darwin 1875; Lloyd 1942: Williams 1976; Juniper et.al. 1989) konnten wir während des Beutefangs keinerlei Blattbewegung feststellen. Solch ein ausgeklügelter kombinierter zweistufiger aktiver Fangmechanismus ist im Pflanzenreich einmalig, daher prägten wir dafür den Begriff aktive Katapult-Leimfalle, die ausschließlich bei D. glanduligera anzutreffen ist.
 
Ein passives Katapult-Fallgruben System, ermöglicht durch eine mehr oder weniger rutschige Gleitoberfläche am Kannendeckel und ausgelöst durch die Aufprallenergie von Regentropfen, wurde kürzlich bei der Kannenpflanze Nepenthes gracilis beschrieben (Bauer et.al. 2012) und ist ein weiteres Beispiel für eine Hybrid-Fangstrategie (Rice 2007).

Irmgard, Siggi und Simon (Uni Freiburg)
Ankunft von Testpflanzen aus Weil am Rhein bei der Plant Biomechanics Group des Botanischen Gartens der Universität Freiburg.
Simon Poppinga (rechts) war dort für die Entwicklung und Durchführung der Experimente verantwortlich.


 
Analyse der Tentakelbewegung
 
Wie können sich Schnelltentakel so schnell biegen? Aktive Bewegungen wie das Einfalten der Blätter bei Mimosa pudica werden oft durch eine Änderung des Zelldrucks (Zellsaftdruck) in antagonistisch wirkenden (gegensätzlich „arbeitenden“) Zellgeweben ermöglicht, sogenannten Pulvini (Braam 2005). Solche Systeme basieren auf der Verschiebung von Flüssigkeit durch ein poröses Medium, das Pulvinusgewebe, und werden daher hydraulisch angetrieben. Die Dauer der Flüssigkeitsverschiebung und damit die Dauer der Bewegung hängt ab von der Dicke des Gewebes, welches die Flüssigkeit durchströmt. Für eine schnelle Bewegung muss das Organ daher klein sein (wie der hydraulisch bewegte Mimosa-Pulvinus) (Volkov et.al. 2010), oder es muss über einen einfachen aber effektiven Trick verfügen: Elastische Energie kann durch spezielle strukturelle Anpassungen wie in einem Bogen gespeichert und bei Bedarf zur Ausführung einer extrem schnellen Bewegung abgegeben werden (Skotheim & Mahadevan 2005; Dumais & Forterre 2012). Die Venus Fliegenfalle beispielsweise besitzt große und schnelle Fallen (das Zuklappen dauert ~100 ms), deren Schnelligkeit auf spontaner Krümmungsinversion der Fallenhälften beruht, vergleichbar mit dem Kinderspielzeug „Gummi-Popper“ oder „Plopp-Scheibe“ (englisch: rubber-popper-toy). Hier wird eine elastische Halbschale „auf links“ gedreht, und durch spontanes Zurückschnappen dieser Fläche von konkav nach konvex katapultiert sie sich in die Höhe. Ein weiteres Beispiel ist der Wasserschlauch. Obwohl die Fallentür sehr klein ist, bewegt sie sich bei ihren ultraschnellen Bewegungen unterhalb einer Millisekunde zu schnell auf, um rein hydraulisch angetrieben zu sein (Vincent et al. 2011). Die schnellsten Bewegungen werden von Pflanzen durch nicht reversible Explosionsmechanismen erzeugt, wie z. B. bei den berstenden Früchten des Sandbüchsenbaums (Hura crepitans) (Swaine & Beer 1977).
 
Als wir die schnelle Biegung der Schnelltentakel zum ersten Mal zeitlich voll aufgelöst sahen, glaubten wir auch, dass eine elastische Vorspannung beteiligt ist. Da hier eine lange dünne Struktur eine Biegung in sehr kurzer Zeit ausführt (75 ms), vermuteten wir genaugenommen einen ähnlichen Mechanismus wie bei speziellen Fahrrad-Reflektorbändern. Diese bestehen aus in ihrer Querachse vorgekrümmten Bändern, die nach einem Schlag auf z. B. das Handgelenk, diese Krümmung spontan umkehren und sich aufgrund ihrer intrinsischen mechanischen Eigenschaften zusammenrollen (bzw. um das Handgelenk rollen). Überraschenderweise fanden wir heraus, dass die Querachse des Tentakels keinerlei plötzliche Änderung der Geometrie zeigt, und außerdem existieren keine auffälligen anatomischen Merkmale, die in der Lage wären elastische Energie zu speichern (z. B. verdickte Zellwände) (siehe auch „Morphologie und Anatomie der Tentakel“).
 
Wie in unserem Originalartikel (Poppinga et al. 2012) beschrieben, lässt sich berechnen, dass die Schnelltentakel theoretisch klein genug sind, um tatsächlich rein hydraulisch angetrieben zu werden und sich hierdurch so schnell zu biegen. Daher deuten wir die schnelle Bewegung als eine Änderung des Zelldrucks (Turgor) in antagonistischen Gewebeschichten. Jedoch sind weitere Experimente, besonders physiologischer Natur, nötig für eine gründliche Überprüfung. Die Schnelltentakel von D. glanduligera funktionieren nur einmal, wahrscheinlich, weil während der schnellen Bewegung viele Epidemiszellen platzen, was sie von den Schnelltentakeln ohne Gelenkzone bei anderen Sonnentau wie etwa D. burmannii deutlich unterscheidet, die alle mehrfach funktionieren.

Simon und Siggi an Highspeed Kamera
Simon Poppinga (links) und Siggi Hartmeyer bei der Analyse einzelner abgetrennter Schnelltentakel mittels Hochgeschwindigkeitskamera.

 
Morphologie und Anatomie der Tentakel
 
Die löffelförmigen Fangblätter von D. glanduligera besitzen eine Vielzahl an Leimtentakeln und bei vollständig entwickelten Katapult-Leimfallen etwa 12-18 katapultierende Schnelltentakel, die horizontal in der Blattebene entspringen. Die mechanische Stimulation der Köpfe beider Tentakeltypen verursacht die oben beschriebene Biegungsbewegung. Die Leimtentakel zeigen einen Bauplan, der typisch für Droseratentakel ist, die fast vertikal aus der Blattspreite wachsen und mehr oder weniger runde, Schleim produzierende Köpfe besitzen. Der Verbindungsbereich zwischen Kopf und Tentakelstiel gilt an der dünnsten Stelle allgemein als mechanischer Rezeptorbereich (Williams 1976). Obwohl wir die Bewegung der Leimtentakel aufzeichneten, haben wir deren Anatomie nicht im Detail untersucht.
 
REM Aufnahmen REM Probenraum
Aufnahmen mit dem Rasterelektronenmikroskop (REM) Probenkammer des Rasterelektronenmikroskops


Abgetrennte Schnelltentakel analysierten wir mittels Lichtmikroskop und Rasterelektronenmikroskop. Fünf μm semidünne, mit Toluidinblau gefärbte Quer- und Längsschnitte wurden mittels Lichtmikroskop untersucht. Die technischen Details und Methoden können in unserem Originalartikel (Poppinga et al. 2012) nachgelesen werden. Wie bereits von Seine & Barthlott (1993) aufgezeigt, sind die Schnelltentakel bilateral symmetrisch. Der Stiel ist abgeflacht mit einer sogenannten Endscheibe (englisch: terminal disc) versehen, die an eine menschliche Hand erinnert, welche den schleimfreien Kopf hält (Bild 2). Der abgeflachte Stiel mit seiner breiten Basis bedingt wahrscheinlich die in einer Ebene stattfindende kreisförmige Biegungsbewegung des Schnelltentakels in Richtung der Blattfalle, wohingegen sich die zylindrischen Leimtentakel in alle Richtungen biegen können. Die Kopf-Stiel-Verbindung der Schnelltentakel ist ausgesprochen dünn und spielt höchstwahrscheinlich eine wichtige Rolle bei der Wahrnehmung mechanischer Reize (Bild 2).
 
Fig. 2 GB
Bild 2: Der Schnelltentakelkopf ist über der sogenannten Endscheibe am Stielende angehoben, was Ähnlichkeit mit einer menschlichen Hand hat. a) REM-Aufnahme. b,c,d) Lichtmikroskopische Aufnahme. b,c) Das Leitbündel ist gut sichtbar (Pfeile). c) 5 µm semidünner Längsschnitt, gefärbt mit Toluidinblau. Die dünne Stiel-Kopf-Verbindung spielt höchstwahrscheinlich eine wichtige Rolle bei der Wahrnehmung mechanischer Reize. d) Der Tentakelkopf, gefärbt mit Toluidinblau.


Seitlich sind am Stiel kleine aufsitzende Drüsen sichtbar, deren Funktion bisher unbekannt ist (Bild 3a,b). Der Schnelltentakelstiel besteht aus äußeren Epidemiszellen, inneren Parenchymzellen (Bild 3c) und einem Gefäßsystem (Leitbündel). Letzteres besteht aus einem verzweigten Tracheidsystem (Bild 4a) im Tentakelkopf (siehe auch Williams & Pickard 1974; Williams 1976), das mit einem einzelnen Leitbündel im Zentrum des Stiels verbunden ist (Bild 2b,c). Epidermis- und Parenchymzellen sind länglich, besitzen unterschiedliche Durchmesser und zeigen keine auffällig verdickten Zellwände, wie bereits im Abschnitt „Analyse der Tentakelbewegung“ beschrieben (Bild 3c).
 
Unseren Beobachtungen zufolge ist das Leitbündel des Schnelltentakelstiels von der Blattlamina getrennt, indem es kurz vor der Gelenkzone endet (Bild 4a). Diese befindet sich nahe der Tentakelbasis und stellt den Bereich dar, in dem sich die Schnelltentakel biegen (Hartmeyer & Hartmeyer 2010; Poppinga et al. 2012). Interessanterweise befindet sich hier auch eine Lage von Zellen die wie “angeschnitten“ wirken (Bild 4b). Erfolgt seitlich ein leichter mechanischer Druck, bricht der obere Teil des Tentakels in diesem Bereich ab (Bild 4b). Obwohl die Biegung des Schnelltentakels extrem schnell ist und hierbei höchstwahrscheinlich verhältnismäßig hohe Kräfte auf das Zellgewebe wirken, existiert in diesem Bereich aber gleichzeitig auch eine mechanische Schwachstelle (oder Sollbruchstelle). Man kann wohl davon ausgehen, dass das Leitbündel den oberen Teil des Tentakels mechanisch versteift, der ja während der Bewegung gestreckt bleibt (sich also nicht krümmt). Andererseits würde so ein Leitbündel wohl die schnelle Biegung der Gelenkzone hemmen oder gar verhindern, weshalb es vermutlich während der Tentakel-Metamorphose „abgetrennt“ wird (siehe unten). Eine detailierte Untersuchung des isolierten Tracheidensystems und der Sollbruchstelle ist mit Sicherheit ein spannendes Thema für zukünftige Studien.

 

Übergangsstadien der Tentakelmorphologie während der Ontogenese
 
Die morphologischen Charakteristika der Fangblätter und ihrer Tentakel während unterschiedlicher ontogenetischer Phasen wurden vom Sämling bis zur adulten Pflanze mit einem ProScope HR USB-Mikroskop (Bodelin Technologies, Oregon, USA) mit einer 200-fach vergrößernden Linse beobachtet. „Moderne“ Sonnentau mit Schnelltentakeln produzieren typischerweise zwei Kotyledonen (Keimblätter), die nur selten karnivor sind, wie z. B. bei D. ultramafica oder D. sessilifolia, wo darauf einige Leimtentakel erscheinen (pers. Beobachtung). Zusätzlich zu den typischen Leimtentakeln auf der Lamina bilden alle diese Arten auf den ersten Fallenblättern drei bis fünf verlängerte, schleimfreie, bilateral symmetrische Schnelltentakel, die horizontal in der Blattebene entspringen. Demzufolge besitzen alle ihre Sämlinge von Beginn an voll entwickelte Schnelltentakel, die in der Lage sind, sich höchstwahrscheinlich durch Turgordruckänderung zu biegen. Dies geschieht in einem Bereich von ungefähr fünf Sekunden bis zu einigen Minuten, abhängig von Art und Umgebungstemperatur. Das Auftreten unterschiedlicher Schnelltentakel in der Gattung Drosera wurde während des letzten Jahrzehnts an mehr als 100 verschiedenen Arten untersucht (Hartmeyer & Hartmeyer 2010).
 
Die Samen von D. glanduligera keimen ohne morphologisch anders gestaltete Keimblätter; das erste Blatt ist gleich eine voll funktionsfähige Leimfalle und wächst senkrecht aus dem Samen hervor, jedoch ohne jegliche Schnelltentakel. Die folgenden drei bis vier Blattgenerationen zeigen verschiedene Zwischenstadien, in denen die verlängerten Marginaltentakel ihre Morphologie signifikant verändern. Der anfangs mehr oder weniger runde (symmetrische) Schleim produzierende Kopf wird zunehmend ersetzt durch den typischen schleimfreien bilateral symmetrischen gehobenen Kopf, wie oben beschrieben. Während die Gelenkzone des Stiels sich mehr und mehr ausbildet, wird das anfangs durchgehende Leitbündel (Bild 5) während der Übergangsphasen direkt an der Gelenkzone von der Lamina abgetrennt (Bild 4). Auch die Verdauungsmulde im Zentrum des Blattes prägt sich immer deutlicher aus. In Kultur erschienen die ersten voll funktionsfähigen Katapult-Leimfallen etwa sechs Wochen nach der Keimung. Obwohl diese ersten Schnelltentakel noch recht filigran erscheinen, sind sie dennoch in der Lage, Springschwänze in das Blattzentrum zu schleudern (pers. Beobachtung).


Bild 3 deutsch
Bild 3: Morphologie und Anatomie der Schnelltentakel. a) Rem-Aufnahme. b) Lichtmikroskopische Aufnahme. a, b) Aufsitzende Drüsen auf dem Stiel c) 5 µm semidünner Längsschnitt, die Einlage zeigt einen Querschnitt des Schnelltentakelstiels, beide Präparate wurden mit Toluidinblau gefärbt.


Bild 4: Gelenkzone Durchgehender Leitstrang deutsch
Bild 4: Lichtmikroskopische Aufnahme der Übergangszone nahe der Gelenkregion, erkennbar an a) einem unterbrochenen Leitbündel (Pfeil, um die Strukturen besser hervorzuheben wurden Helligkeit und Kontrast nachjustiert) und b) durch eine mechanische Schwachstelle mit einer Zellschicht, die wie eine Sollbruchstelle erscheint (Pfeil) und bewirkt, dass der Tentakel dort bei seitlichem Druck abreisst. Bild 5: Digital vergrößerte USB-Mikroskop Aufnahme eines marginalen Leimtentakels im frühen Entwicklungsstadium mit einem durchgehenden Leitbündel. Später werden diese durch katapultierende Schnelltentakel ersetzt, deren Leitbündel unterbrochen ist (siehe Bild 4).


Diskussion

 
Ein vom Stiel angehobener Tentakelkopf, der am Boden aufliegend die Beute von unten erfasst, ein vom Blatt abgetrenntes Leitbündel und eine vorgeformte Tentakelbruchstelle, eine einzigartige Gelenkzone, welche Fanggeschwindigkeiten ermöglicht wie sie bei Aldrovanda und Dionaea (Ashida 1934; Forterre et al. 2005; Poppinga & Joyeux 2011) auftreten – diese auffälligen Charakteristika unterscheiden die katapultierenden Schnelltentakel von D. glanduligera deutlich von anderen (viel langsameren) Schnelltentakeln der übrigen Arten, wie beispielsweise D. burmannii (Hartmeyer & Hartmeyer 2010) oder D. rotundifolia (Darwin 1875).
 
Die Katapult-Leimfalle setzt sich zusammen aus einer Kombination von 12-18 jeweils nur einmal funktionierenden Katapulten am Blattrand und einem nachgeschalteten „Förderband“ aus Leimtentakeln. Letztere können sowohl größere Beute zum Blattzentrum transportieren, als auch nach deren Absetzen wieder in ihre Ausgangsposition zurückkehren, um dort auf das nächste Opfer zu warten, das von einem der Katapulte hochgeschleudert wurde. Wir gehen davon aus, dass die Katapultfunktion den erfolgreichen Fang auch größerer Beutetiere ermöglicht, da diese durch die häufige Rückenlage beim Auftreffen im Blattzentrum mit den Beinen nach oben eine für sie äußerst ungünstige Position innehaben, wo sich gleichartige Beute bei einfachen Leimfallen oft noch befreien könnte.
 
Vermutlich werden größere Tiere seltener eingefangen, während kleinere Tiere wie Springschwänze oder Milben besonders bei jüngeren Pflanzen wohl die Hauptbeute darstellen (siehe auch „Die Kultur von D. glanduligera“). Collembola sind fast überall verbreitet und finden in verrottenden Blättern ideale Bedingungen (Fjellberg 1998), was sicher auch für die von Watson et al. (1982) als Beute bekannte Art Hypogastrura vernalis gilt. Zusätzlich wird berichtet, dass Collembola auch in großer Anzahl von anderen sympatrisch wachsenden Droseraarten gefangen werden (Watson et al. 1982; Verbeek & Boasson 1993). Diese Mikroarthropoden könnten durchaus von flüchtigen Bestandteilen angelockt werden, die von verrottendem Laub ausgehen, und wir vermuten, dass dies nicht nur bei D. glanduligera der Fall ist, wo ständig die ältesten Fangblätter im inneren Bereich der schnell wachsenden Rosette vertrocknen, sondern auch bei vielen anderen karnivoren Pflanzen. Besonders bei mehrjährigen Bodenrosetten könnte die Anhäufung von abgestorbenen Fangblättern im unteren Bereich eine attraktive Anlockzone für Beute sein. Der „Pimpernel Sundew“ hat seine Fallen jedenfalls durch die weit ausladenden und katapultierenden Tentakel auf einmalige Weise für solche Beute in der Peripherie der Pflanze perfektioniert.
 
Eine weitere Frage stellt sich noch hinsichtlich der Funktion der aufsitzenden Drüsen am Rand des Tentakelstiels (Bild 3a,b; 4b). Möglicherweise spielen diese eine weitere Rolle beim Beutefang, etwa durch die Abgabe von Geruchsstoffen. Es ist bekannt, dass Moose durch Geruchsstoffe selektiv und geschlechtsspezifisch Mikroarthropoden anlocken, um diese als Verbreitungsvektoren von Spermazellen zu nutzen (Rosenstiel et al. 2012). Dieser Vorgang zeigt auf, wie Collembola und andere Arthropoden chemisch angelockt werden können. Vielleicht entwickelten sich solche Mechanismen bei verschiedenen Pflanzengruppen unabhängig voneinander und aus unterschiedlichen Gründen viel häufiger als bisher gedacht?

Collembola (Springschwänze) Drosera glanduligera
Springschwänze (Collembola) in Blumenuntersetzer Die Katapult-Leimfalle von D. glanduligera
Bildquelle der REM-Aufnahmen: Poppinga et al. 2012)

Katapultbahn (Bildquelle: Poppinga et al. 2012)
REM Präparate
Aufnahmen der Katapultbahn für die Analyse der Kinematik Kritisch-Punkt-getrocknete Präparate kurz vor dem Gold-Bedampfen
Tentakel 360 Grad gebogen Tentakelkopf REM
REM-Aufnahme des um etwa 360° bewegten Schnelltentakels. Normalerweise wird die Bewegung nach etwa 180° durch die Blattoberfläche gestoppt. REM-Aufnahme des berührungsempfindlichen Tentakelkopfes.

 
Dokumentation der Experimente
 
Die oben angeführten Experimente in den Laboren der Plant Biomechanics Group des Botanischen Gartens der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, sowie in den Gewächshäusern der Hartmeyers in Weil am Rhein, wurden in Zusammenarbeit mit der Universität auf Video aufgezeichnet und in einem Dokumentarfilm („Das Katapult der Diva“, 23 Minuten) zusammengefasst. Dieser ist als DVD/Blu-Ray erhältlich und auf YouTube in HD frei zugänglich: http://www.youtube.com/watch?v=Zzi3XDQs-i0
 
Für eine kurze Demonstration der Funktion der Katapult-Leimfalle gibt es inzwischen auch ein frei zugängliches 2½-minütiges Video auf YouTube, ebenfalls in HD:
http://www.youtube.com/watch?v=eFShLcxNswk
 
Der Originalartikel „Catapulting tentacles in a sticky carnivorous plant” (Simon Poppinga, Siegfried R. H. Hartmeyer, Robin Seidel, Tom Masselter, Irmgard Hartmeyer, Thomas Speck; 2012) ist im Internet bei PloS ONE inklusive der dazugehörigen Belegvideos frei zugänglich:
http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0045735
 
Eines der Belegvideos mit mehreren Fangsequenzen der Katapult-Leimfalle wurde bereits zwei Tage nach Erscheinen bei PloS ONE von dem populärwissenschaftlichen Magazin Bild der Wissenschaft zum „Video der Woche“ erkoren: http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/316230
 
... und wurde neben etwa 100 wissenschaftlichen Online- und Printmedien weltweit (siehe Link), allein auf dem YouTube-Kanal der Wissenschaftsplattform Quantum Day in wenigen Monaten über 90.000 Mal aufgerufen: (http://www.hartmeyer.de/Katapult-Leimfalle_Feedback.html)
 
 
Literatur
 
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