Zusammenfassung:
Eine Population der in Europa verbreiteten Blind- oder auch Weichwanze Dicyphus errans (Miridae) besiedelte in einem deutschen Garten mehrere aus den USA stammende Teufelsklauen (Proboscidea louisianica subsp. fragrans
(Martyniaceae)). Auf diesen klebrigen Pflanzen lebten mehr als 20
dieser räuberischen Wanzen, die sich ungehindert darauf bewegten
und von den Opfern der Leimdrüsen ernährten. Wegameisen
dagegen (Lasius spp.
(Hymenoptera)), die versuchten Blattläuse zum Melken von Honigtau
anzusiedeln, wurden inklusive ihres „Nutzviehs“, gemeinsam
mit kleinen Fliegen und Bienen gefangen. Die Beobachtungen über
diesen Mutualismus zwischen einer amerikanischen Teufelsklaue und der
kleinen, mückenähnlichen, europäischen Miride wurde auf
Video dokumentiert (Hartmeyer 2022). Dies ist ein weiteres Beispiel
für die Anpassung dieser weltweit verbreiteten Wanzenfamilie, die
sich von den Opfern klebriger Pflanzen ernährt, die
üblicherweise solche kleinen Insekten problemlos fangen. Der
Amerikaner Frank Obregon (2017), der in Kalifornien einheimische
Weichwanzen auf seinen kultivierten Roridula
fand, bezeichnete dieses Phänomen als „unterstützte
Karnivorie“ (assisted carnivory), was recht gut passt. Proboscidea, wie auch Roridula, produzieren keine
Verdauungsenzyme, weshalb sie direkt so gut wie nicht
von ihrer reichlich gefangenen Beute profitieren können. Sobald
jedoch räuberische Wanzen die Pflanzen besiedeln und sich von
deren Opfern ernähren, liefern ihre Ausscheidungen einen
brauchbaren Dünger, der von den Spaltöffnungen der
Blätter aufgenommen werden kann. Ein perfekter Mutualismus.
Zusätzlich bietet der Artikel einige historische Fakten über
diese Wechselbeziehung zwischen Wanzen und Pflanzen.
Stichworte: Dicyphus errans, Miridae, Mutualismus, Proboscidea, Ibicella, Martyniaceae, Byblidaceae, Droseraceae, Roridulaceae, Arthropoden, Teufelsklauen.
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Proboscidea und Dicyphus: Beispiel eines spontanen Mutualismus durch klebrige Pflanzen besiedelnde räuberische Wanzen. |
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