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Eine Expedition nach Sulawesi um Kannenpflanzen zu suchen

Von Stewart McPherson, Übersetzung Siegfried R.H. Hartmeyer

Hinweis: Bei diesem Artikel handelt es sich um einen modifizierten Auszug aus Stewart McPhersons neuem zweibändigen Werk Pitcher Plants of the Old World Vol. 1 & 2, welches sowohl die Ökologie, als auch die bemerkenswerte Vielfalt aller bisher bekannter Arten Nepenthes und des Cephalotus behandelt. Das Gesamtwerk umfasst 1'399 Seiten mit 739 Bildern. Weitere Informationen gibt es im Internet unter http://www.redfernnaturalhistory.com/books.


Im August 2007 hatte ich die Gelegenheit, gemeinsam mit dem befreundeten Greg Bourke nach Sulawesi zu reisen, um eine wenig bekannte Kannenpflanze namens Nepenthes glabrata näher zu untersuchen. Diese ist an hoch gelegenen Standorten Zentralsulawesis zwischen 1600 bis 2000 m endemisch. Sulawesi ist sehr vielfältig, ein Schmelztiegel menschlicher Kulturen und gleichzeitig eine Mischung asiatischer und australischer Fauna und Flora, aufgrund deren Bedeutung große Gebiete dieser eindrucksvollen Insel vor kommerzieller Holzgewinnung geschützt und daher überwiegend noch ursprünglich sind. Abgesehen von der Natur sind in Sulawesi die faszinierendsten Kulturen und schönsten Architekturstile Südostasiens beheimatet, wobei besonders die Mitte der Insel berühmt ist für ihre eindrucksvollen Tongkonan Häuser, die vom dort lebenden Volk der Torajan noch heute gebaut werden. Traditionell sind die Tongkonan Häuser die „Heimstatt der Ahnen" und dienen ihren Erbauern als Vorratslager. Dabei sind sie auch weithin bekannt für ihre spektakulären reich verzierten bootsförmigen Dächer. Auch heutzutage dienen die herrlichen Gebäude immer noch ihrem traditionellen Zweck, ziehen jedoch auch zahlreiche Touristen an, welche von der Kulturgeschichte dieses bezaubernden Teils Indonesiens begeistert sind.

Unsere Reise durch Sulawesi begann in Makassar im Süden der Insel, von wo aus wir uns nordwärts wandten zum Lore Lindu Nationalpark, um die Pflanze zu suchen, wegen der wir hier waren. Nepenthes glabrata ist in mehrfacher Hinsicht eine ganz besondere Kannenpflanze, benannt nach dem lateinischen Wort „glaber", was unbehaart bedeutet. Tatsächlich sind alle Teile der Fangblätter frei von Haaren, was für die gesamte Gattung wirklich ungewöhnlich ist. Zwar wurde die Pflanze bereits 1984 offiziell beschrieben, blieb jedoch relativ unbekannt, da nur wenige Wissenschaftler das Gebiet besuchten, um Feldforschung zu betreiben. Berichten zufolge kommen die Pflanzen in niedrig wachsendem Bergwald vor, weshalb wir mit der Suche in höher gelegenen Gebieten entlang der Straße begannen, wo wir sie auch nach einem Tag in Mengen wachsend fanden. Am Üppigsten fanden wir die Pflanzen unschattiert in direkter Sonne, wo ausgewachsene Exemplare Stämme von bis zu 10 m Länge bildeten, die frei über die Kronen des Buschwerks hinaus ragten.

Nepenthes glabrata am Naturstandort

Die Blätter von Nepenthes glabrata sind schmal, bis zu 17 cm lang, 3,5 cm breit und aus jeder Blattspitze entspringt eine Ranke, an der sich die eindrucksvollen Kannen entwickeln, mit denen die Pflanze Gliedertiere erbeutet, um das Nährstoffangebot des mineralarmen Bodens zu ergänzen. Die Kannen von Nepenthes glabrata sind flachgewölbt bis eiförmig, bis zu 7 cm lang und 3,5 cm breit. Typisch sind zwei markante Flügelleisten auf der Vorderseite der Falle. Einmalig ist das dünne Zellgewebe, wodurch die Fallen weich und durchscheinend sind, was ihnen ein sehr zierliches Aussehen verleiht. Die Kannen dieser Art sind schön gefärbt, durchweg weiß oder blass gelb, gesprenkelt mit unterschiedlich langen roten bis lila Flecken.

Wenig ist über die Verwandtschaft zu anderen Kannenpflanzen bekannt. Vor der Reise nach Sulawesi erhielt ich noch Informationen, dass im Norden des Lore Lindu Nationalparks kürzlich eine neue Nepenthesart entdeckt wurde, die mit N. glabrata nah verwandt sein soll. Nachdem wir zwei Tage mit den Untersuchungen am Standort von N. glabrata verbracht hatten, reisten wir nach Norden, um zu versuchen, die neu gefundene Art aufzuspüren. Ein Vogelexperte namens Jonathan Newman besuchte vor Kurzem Sulawesi und während seiner Beobachtungen an Vögeln fand er zufällig eine ungewöhnliche Kannenpflanze, die er nicht einordnen konnte. Freundlicherweise teilte mir Jonathan die Lage des Ortes mit, wo er die seltsame Pflanze gefunden hatte und so folgten wir seinen Spuren, um die Population aufzuspüren. Dazu mussten wir über abgelegene Schotterpisten in den Norden des Nationalparks fahren, wofür wir zwei Tage benötigten, obwohl die Distanz nur ungefähr 30 km betrug. Dort angekommen erhielten wir von den lokalen Behörden und der Polizei die Genehmigung, das Gebiet in dem Jonathan auf die Pflanzen gestoßen war zu betreten, woraufhin wir aufbrachen, diese zu finden.

Nepenthes species novae (noch nicht beschrieben)

Nachdem wir einen Tag gesucht hatten, fanden Greg und ich genau diejenige Pflanzenpopulation, welche Jonathan entdeckt hatte und es wurde klar, dass es sich tatsächlich um eine neue Art handelt, die sicherlich mit N. glabrata eng verwandt ist. Die noch unbeschriebene Art produziert ähnliche haarlose Blätter wie N. glabrata, die Kannen unterscheiden sich jedoch grundlegend in ihrer ganzen Form. Alle Kannen dieser neuen Art ähneln mehr oder weniger trichterförmigen Eierbechern von bis zu 10 cm Höhe und 7 cm Breite. Sie sind überwiegend gelb-orange mit markanten rötlichen Flecken. Anders als bei bekannten Arten mit ähnlicher Ausfärbung findet sich das gesprenkelte Muster auch auf der Ranke. Auch die Struktur der Blüten und verschiedene Eigenschaften der Blätter weisen eindeutig darauf hin, dass die Art mit N. glabrata eng verwandt ist, es gibt jedoch genügend Unterschiede, sie als eigene (und unbeschriebene) Art einzustufen. Wir fanden nur eine Population dieser neuen Art, deshalb lässt sich nicht sagen, wie variabel sie ist. Ich habe jedoch vor, 2008 nach Sulawesi zurückzukehren, um mehr über die spannende Ökologie und Morphologie der Pflanze herauszufinden, damit sie offiziell beschrieben und benannt werden kann.

Nicht weit von dieser schönen neuen Art entfernt wuchsen viele N. maxima (Bild links), die in ganz Sulawesi sehr häufig sind. Diese dritte Spezies ist in jeder Hinsicht deutlich größer als N. glabrata und die neue, von Jonathan gefundene Art. Sie besitzt gewaltige Blätter von bis zu 50 cm Länge und große, stattliche Kannen von bis zu mehr als 30 cm Höhe. Die Fallen von N. maxima sind normalerweise überwiegend gelbgrün, mit markanten violetten Flecken. Das Peristom (der Kragen um die Öffnung) ist breit, auffällig, rötlich violett und oft geschwungen.

Es war vollkommen klar, dass es sich bei der neuen Nepenthesart nicht einfach um eine Hybride aus N. glabrata und N. maxima handelte, denn es war die kleinste der drei Arten mit vielen Eigenschaften, die weder N. glabrata noch N. maxima besitzen.

Vor der Abreise aus Sulawesi fuhr ich während der Rückkehr nach Makassar nochmals durch das eindrucksvolle Hochland der Insel. Dabei wurde mir klar, welch großer Teil dieses spektakulären und mannigfaltigen Teils Indonesiens in Hinblick auf Flora und Fauna noch umfangreich zu erkunden und erforschen ist. Jonathan Newman entdeckte die neue Nepenthesart nur, weil sie zufällig am Rand des von ihm gewählten Weges wuchs und seine Aufmerksamkeit erregte. Schon aufgrund der enormen Größe Sulawesis mit seinen vielen abgelegenen Bergen ist es äußerst wahrscheinlich, auf dieser schönen Insel tatsächlich noch viele unbekannte Kannenpflanzen, sowie neue Tier- und Pflanzenarten zu finden. Es werden sicher noch viele Jahre vergehen, bis wir den ganzen Reichtum der einheimischen Flora und Fauna in dieser wunderbaren Ecke Indonesiens kennen.

Alle Fotos von Stewart McPherson


English abstract:

This article describes an expedition to study Nepenthes glabrata, a new Nepenthes species, and N. maxima in Sulawesi. It is a modified excerpt from Stewart McPherson’s new two volume work Pitcher Plants of the Old World, which examines the wild ecology and remarkable diversity of all known species of Nepenthes and Cephalotus. These two new books include 1,399 pages and 739 images, for more information, please see http://www.redfernnaturalhistory.com/books.