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Stewart McPherson

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Pitcher Plants of the Americas

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 Eine Expedition nach Madagaskar

Von Stewart McPherson, Übersetzung Siegfried R.H. Hartmeyer

Hinweis: Bei diesem Artikel handelt es sich um einen modifizierten Auszug aus Stewart McPhersons neuen Büchern Glistening Carnivores - The Sticky-Leaved Insect-Eating Plants und Picher Plants of the Old World Vol. 1, welche sowohl die Ökologie, als auch die bemerkenswerte Vielfalt der sieben mit Klebstoff fangender karnivoren Gattungen (Byblis, Drosera, DrosophyllumIbicella, Pinguicula, Roridula, Triphyophyllum) und der tropischen Kannenpflanzen (Nepenthes) behandeln. Weitere Informationen gibt es im Internet unter http://www.redfernnaturalhistory.com/books.


Im Jahr 2007 reiste ich nach Madagaskar, um die Karnivoren der Insel zu untersuchen und zu fotografieren. Als Erstes hatte ich vor, Nepenthes madagascariensis zu finden, eine eindrucksvolle Pflanze, die nur auf dieser Insel vorkommt. N. madagascariensis ist in jeder Hinsicht eine besondere Kannenpflanze, da sie als erste der Gattung entdeckt wurde. Die ersten Aufzeichnungen enthalten eine Beschreibung, die von Etienne de Flacourt 1658 publiziert wurde, darin schreibt er:

„Die Pflanze wird etwa 3 Fuß hoch und trägt an ihren 7 Inch langen Blättern eine hohle Blume oder Frucht, welche an eine kleine Vase mit eigenem Deckel erinnert, wundervoll anzuschauen. Es gibt Rote und Gelbe, wovon die Roten am Größten sind. Die Eingeborenen dieses Landes zögern, die Blüten zu pflücken, denn es heißt, dann würde es am selben Tag regnen. Gerade deswegen pflückten ich und andere Franzosen sie, aber es regnete nicht. Wenn es geregnet hat, sind diese Blüten voller Wasser, wobei jede ein gutes halbes Glas voll enthält.


 
Obere Kannen von Nepenthes madagascariensis am Naturstandort

Heutzutage wissen wir, was Etienne de Flacourt gewitzt als „hohle Blume oder Frucht, welche an eine kleine Vase erinnert" bezeichnete, sind Blätter, darauf spezialisiert, Insekten als Beute anzulocken, zu fangen und zu verdauen. Dadurch erweitert diese Fleischfressende Pflanze das Nahrungsangebot, um an kargen Standorten, wo Mineralien und Nährstoffe knapp sind, überleben zu können. Gliedertiere werden von den Pflanzen durch die Produktion von Nektar und eine auffällige Färbung der Kannen angelockt, um schlussendlich hineinzufallen, in der enthaltenen Flüssigkeit zu ertrinken und verdaut zu werden.

Im Süden Madagaskars fuhr ich nach Fort Dauphin, wo ich einen befreundeten einheimischen Botaniker traf, der sich freundlicherweise bereit erklärte, mir N. madagascariensis an einem nahegelegenen Naturstandort zu zeigen. Die Pflanze kommt im südlichen Madagaskar sehr häufig vor, findet sich jedoch auch in der feuchteren Westhälfte und an der Nordwestküste der Insel. Ich sah sie nur wenige km entfernt von Fort Dauphin in einem Sphagnummoor, wo Hunderte Pflanzen zwischen Bananen und Palmen in stehendem Wasser im Torfmoos wurzelten. N. madagascariensis produziert eindrucksvolle Blätter von bis zu 40 cm Länge, aus denen die Kannen an langen dünnen Ranken entspringen. Jede Kanne ist bis zu 25 cm hoch und mehr oder weniger trichterförmig. Eines der Unterscheidungsmerkmale dieser eindrucksvollen Art ist das Peristom (der Kragen um die Öffnung der Kanne), welches zwei charakteristische Stacheln am oberen Teil der Kannenöffnung ausbildet. Ein Merkmal, das bei allen gefundenen Pflanzen vorhanden war.

N. madagascariensis (Photo S. McPherson)
Untere Kanne von N. madagascariensis

Fast alle Nepenthesarten produzieren zwei Typen von Kannen. Die sogenannten unteren Kannen stehen auf dem Boden auf, während die oberen Kannen erst erscheinen, wenn die Pflanze zu klettern beginnt und eine Ranke ausbildet. Die oberen Kannen von N. madagascariensis sind spektakulär und meist leuchtend gelb gefärbt. Die unteren Fallen sind durchweg rötlich violett und normalerweise eher zwiebelförmig. Die beiden Kannentypen erklären Etienne de Flacourts Beschreibung der roten und gelben vasenartigen Gebilde und, wie richtig von ihm beschrieben, die gelben oberen Kannen sind durchweg größer als die roten unteren.

Es gibt auf Madagaskar noch eine weitere Kannenpflanze namens N. masoalensis, die lediglich an der Westküste auf der Halbinsel Masoala und in der Mount Ambato Region vorkommt. N. masoalensis ist nah verwandt mit N. madagascariensis, kommt jedoch nur äußerst selten vor. Die Masoala Halbinsel liegt sehr abgelegen und schwer zugänglich, außerdem benötigt man Genehmigungen, um sie zu bereisen. Leider war es mir während meines Aufenthalts in Madagaskar nicht möglich, nach Masoala zu gelangen, um N. masoalensis zu untersuchen, weshalb ich mich für den Rest meines Aufenthalts darauf konzentrierte, die außergewöhnlichen Sonnentau Madagaskars näher zu betrachten.

Die Sonnentau (Drosera) gehören zu den erfolgreichsten karnivoren Gattungen. Sie fangen Insekten mit leuchtend gefärbten Blättern, die mit beweglichen Tentakeln besetzt sind, auf deren Spitzen sich klebrige Tropfen eines wässrigen Leims befinden. Der Leim funkelt und glitzert in der Sonne, wobei das Aufblitzen des gebrochenen Lichts die Insekten anlockt. Bei Berührung klebt die Beute sofort am Blatt und verheddert sich in den vor Leim triefenden Tentakeln. Je mehr das Insekt zappelt, um freizukommen, desto mehr wird das Blatt angeregt sich langsam einzurollen, um die Beute einzuwickeln, bis diese schließlich erstickt oder vor Erschöpfung stirbt. Der Körper des Opfers bleibt am Blatt kleben und während einiger Tage lösen Enzyme, die von speziellen Drüsen auf der Blattoberfläche produziert werden, die Nährstoffe aus den Resten der Beute, die der Sonnentau dann direkt absorbiert. Schlussendlich werden die Überbleibsel vom Regen abgewaschen, neuer Leim wird produziert und die Falle ist bereit für neue Beute. Die meisten Sonnentau Madagaskars fangen hauptsächlich fliegende Insekten, Ameisen und Käfer.

Es gibt viele Arten Sonnentau auf Madagaskar, eine ist jedoch besonders interessant und einmalig. 1955 bestieg der französische Naturforscher Henri Humbert den abgelegenen Berg Marojejy, um erstmals dessen Pflanzenwelt zu untersuchen. Auf dem Gipfel entdeckte er einen eigentümlichen Sonnentau, der im Unterschied zu allen anderen afrikanischen Arten einen starren selbsttragenden Stamm ausbildet. Ein Jahr darauf wurde die Pflanze zu seinen Ehren Drosera humbertii benannt, jedoch seither nur wenige Male untersucht. Sie wurde bis heute lediglich auf dem Gipfel des Mount Marojejy, im Nordosten Madagaskars gefunden.

Also reiste ich nach Norden, um den abgelegenen Berg zu erklimmen und die wenig bekannte Pflanze zu untersuchen. Der Mount Marojejy liegt im Marojejy Nationalpark, weshalb ich erst Genehmigungen einholte und dann zwei Führer anheuerte, um den Aufstieg legal und sicher zu bewerkstelligen. Der Weg zum Berg führte über mehrere km durch einen dichten, großartigen und wunderschönen Regenwald, der den Fuß des Mount Marojejy bedeckt. Mehrere Stunden lang waren wir in diesem dichten Wald unterwegs, der geschützt ist und in dem es vor wilden Tieren nur so wimmelt, darunter Lemuren, eine Unmenge Vögel sowie einige hochinteressante Gliedertiere. Ich beobachtete einen schwarzen 10 cm langen Tausendfüßler, der sich bei Störung zu einer perfekten Kugel in der Größe eines Golfballs zusammenrollte. Kurz darauf stieß ich auf einen hellgrünen irisierendenSaftkugler (Anm. zur Übersetzung: Familie Glomeridae), der sich auffällig vom braunen Laub am Boden abhob (Foto rechts).

Saftkugler Photo S. McPherson

Nach zehn Stunden Marsch kampierten wir in einer Holzhütte, die von der Nationalparkbehörde unterhalb des Gipfels dieses mächtigen Berges angelegt worden war, umgeben von den Rufen prächtiger tropischer Vögel und Lemuren. Am nächsten Morgen begannen wir mit dem restlichen Aufstieg und nach vier Stunden Klettern durch heftigen Regen und Nebel erreichten wir den unwirtlichen windgepeitschten Gipfel, der frei von Bäumen war, bewachsen nur mit niedrigen Gräsern, Orchideen und kleinen Büschen.

Henri Humbert berichtete, dass D. humbertii nur auf dem Gipfel des Mount Marojejy wächst, also begann ich mich sofort nach der kleinen Pflanze umzuschauen, die zu untersuchen ich her gekommen war. Auf dem Gipfel (Foto links) regnet es fast jeden Tag und meine Begleiter hatten mich gewarnt, dass wir nur für etwa eine Stunde bleiben könnten, weil Regen und Sturmwolken schnell wieder aufziehen würden.

Drosera humbertii auf dem Mount Marojejy

Drosera madagascariensis auf dem Mount Marojejy

D. nataliensis Photo S. McPherson

Drosera natalensis auf dem Mount Marojejy

Endlich fand ich die außergewöhnliche Pflanze zwischen heideartigem Bewuchs. Wie Henri Humbert sie beschrieben hat, bilden ausgewachsene Exemplare bis zu 15 cm lange verholzte Stämmchen, wodurch die klebrigen Blätter über die umgebende Vegetation hinausragen, was ihnen eine vorteilhaftere, hellere Position verschafft, um Beute zu machen. Jede Pflanze auf ihrem verholzten Stämmchen besteht aus mehreren leuchtend roten, bis zu 3 cm langen klebrigen Blättern, was sehr ungewöhnlich für die afrikanischen Sonnentau ist. Kürzlich wurde berichtet, dass D. humbertii in der Natur wahrscheinlich extrem langsam wächst, und tatsächlich war es leicht vorstellbar, dass jede der Pflanzen bereits viele Jahre, womöglich sogar Jahrzehnte alt war.

Wie von meinen Guides vorhergesagt, begann der Sturm bald wieder zu wüten und ich war gezwungen mit dem Abstieg zu beginnen, um in den Schutz der Holzhütte zurückzukehren. Später setzten wir den Abstieg fort, wobei wir unseren eigenen Fußspuren folgten, die wir beim Aufstieg auf dem Pfad hinterlassen hatten. Dabei fielen mir noch zwei weitere Arten Sonnentau auf. Die Erste war D. madagascariensis, eine große Stämmchen bildende Spezies mit leuchtend roten Klebeblättern. Sie unterscheidet sich von D. humbertii dadurch, dass sie in viel geringerer Höhe vorkommt und Blätter ausbildet, die in ihrer Form und Struktur unterschiedlich sind. Trotz des Namens ist D. madagascariensis auch in Südafrika weit verbreitet, immerhin wurde sie auf Madagaskar erstmals entdeckt. Etwas weiter fand ich den dritten Sonnentau, eine gedrungene Pflanze namens D. natalensis, welche kleine dichte Rosetten mit leuchtend roten Klebeblättern bildet. Auch diese Drosera kommt in Südafrika vor, allerdings ist die Population auf dem Mount Marojejy kompakter und hübscher als andere Varietäten der Art.

Nach dem Abstieg gelangten wir zurück in den Regenwald am Fuße des Berges, wo uns wieder das Rufen der Lemuren aus den Bäumen über uns umgab. Da die Dämmerung anbrach, kampierten wir nochmals in einer der hölzernen Schutzhütten, die zum Übernachten für Touristen aufgestellt worden waren. Am nächsten Tag folgten wir schließlich dem Pfad, bis wir in eine kleine naheliegende Ortschaft zurückkehrten. Neben Reisfeldern sah ich noch die spektakuläre stahlblaue Blüte einer Clitoria ternatea (Foto unten), eine Hülsenfrucht, die zunehmend von Gartenliebhabern wegen dieser stahlblauen Blüten gehalten wird.

Vom Mount Marojejy fuhr ich zurück nach Antananarivo, der Hauptstadt des Landes, um heimzufliegen. Madagaskar ist ein Land unbeschreiblicher biologischer Vielfalt, in dem die Bedeutung der einheimischen Flora und Fauna zunehmend erkannt und diese geschützt wird. Da Mount Marojejy und die Standorte rund um Fort Dauphin noch vollständig vor Rodung und Schädigung durch Landwirtschaft geschützt sind, sieht die Zukunft der von mir untersuchten Fleischfressenden Pflanzen positiv aus. Hoffentlich bleiben diese bemerkenswerten Pflanzen wirklich für immer ein Bestandteil des madegassischen Naturerbes.

Alle Fotos von Stewart McPherson

 
English abstract:

This article on carnivorous plants from the island of Madagascar, is a modified excerpt from Stewart McPherson’s new books Glistening Carnivores The Sticky-Leaved Insect-Eating Plants and Pitcher Plants of the Old World Vol. 1, which examine the wild ecology and remarkable diversity of the seven genera of sticky-leaved insect-eating plants (Byblis, Drosera, Drosophyllum, Ibicella, Pinguicula, Roridula, Triphyophyllum), and of all known species of Nepenthes and Cephalotus - for more information, please see http://www.redfernnaturalhistory.com/books.