Byblis filifolia
als echte
Karnivore rehabilitiert
Hartmeyer, I. & Hartmeyer, S. (2005)
DAS TAUBLATT (GFP) 2005/3: 04-05
1997 beschrieben wir im
CARNIVOROUS PLANT NEWSLETTER (CPN) der
ICPS (1) und im TAUBLATT der GFP (2) einen
von uns modifizierten Enzymtest, der auf einer Veröffentlichung der
Autoren Heslop-Harrison und Knox (3) beruht, worin diese eine
einfache und kostengünstige Methode beschreiben, um Enzymaktivitäten
von Karnivoren auf Fotomaterial nachzuweisen. Wir erstellten eine
professionelle Versuchsreihe dazu (Siggi war damals noch Cheflaborant
und chemische Analytik sein Spezialgebiet), wobei wir das Funktionieren
der Methode an Byblis liniflora, diversen Drosera und Roridula
dentata untersuchten (alle Artikel und Resultate finden sich auch
auf unserer Homepage www.hartmeyer.de/artikel/). Zu unserer
Überraschung verliefen alle Enzymtests an Byblis liniflora
eindeutig negativ, was in der Folge einige Diskussionen um den Status
der Regenbogenpflanzen als echte Karnivore zur Folge hatte. In mehreren
Artikeln (CPN und TAUBLATT) und durch private Kommunikation wurden uns
die gefundenen Ergebnisse immer wieder von Leuten bestätigt, welche den
preiswerten und einfachen Enzymtest an ihren eigenen Pflanzen
ausprobierten.

Dieses Jahr nun erzielten wir aus Samen, die uns freundlicherweise
Holger Hennern (er betreut die Karnivoren im Botanischen Garten der
Universität Essen) zur Verfügung stellte, einige sehr schöne, über
60 cm hohe Byblis filifolia, die momentan in voller Blüte
stehen. Die großen Pflanzen eignen sich natürlich bestens für den
Enzymtest mit Fotostreifen, wobei uns zusätzlich motivierte, dass damit
bisher immer nur die in Sammlungen wesentlich häufiger anzutreffende Byblis
liniflora (negativ) getestet wurde. Also schnitten wir sechs schmale
Streifen von einem ILFORD ® 400 ASA Schwarzweißfilm
(S/W) und verteilten sie an verschiedenen Stellen der Pflanzen. Anhand
einiger Versuche haben wir inzwischen festgestellt, dass die
vorbereitende Behandlung mit Hefelösung gar nicht notwendig ist. Der
Test ist also noch einfacher durchzuführen als früher beschrieben,
denn auch die dünne Gelatineschicht auf dem Film (je dicker desto
besser) wird durchaus als Protein erkannt und die „Verdauung"
durch die Pflanze beginnt automatisch.
Alle Sonnentauarten erzeugen
proteolytische, also Protein abbauende
Enzyme, deren Konzentration ausreicht, die Gelatine eines 400 ASA
S/W-Films in zwei bis drei Tagen deutlich zu perforieren, wobei die
Tentakelspitzen als Produktionsort der Enzyme - ähnlich einem
Röntgenbild - auf dem Film zu sehen sind. Als wir nun nach drei Tagen
die Filmstreifen auf unseren Byblis filifolia kontrollieren,
zeigen zu unserer Überraschung einige davon leichte, aber unverkennbare
längliche Verätzungen, meist an einem Ende der Teststreifen,
offensichtlich anders als bei Byblis liniflora. Allerdings sind
im Gegensatz zum Sonnentau keine Tentakelköpfe abgebildet. Wir
entfernen zwei Streifen als Muster und beschließen, drei weitere Tage
zu warten. Dann ist es endlich so weit und tatsächlich ist der Test
jetzt eindeutig positiv, allerdings sind auch jetzt keine Tentakelköpfe
abgebildet, sondern entlang der Auflagefläche des Filmstreifens hat
sich eine mit Enzymen angereicherte Lache gebildet, die eine deutliche
Rinne bis auf das Polyester des Filmstreifens in die Gelatine geätzt
hat. Um sicherzugehen wiederholen wir den ganzen Test (6-fach) über
sechs Tage und das Ergebnis wird tatsächlich bestätigt. Aufgrund
dieser Enzymproduktion ist Byblis filifolia also eindeutig als
echte Karnivore rehabilitiert, auch wenn die Reaktion schwächer
ausfällt als beim Sonnentau. Da wir derzeit keine anderen Byblisarten
in unserer Sammlung haben, hoffen wir mit diesem Artikel einige Leser zu
motivieren, den einfachen Enzymtest (wenn vorhanden) auch an den
übrigen Arten der Gattung auszuprobieren und darüber zu berichten.
<<< Teststreifen nach sechs Tagen Kontakt
Literatur:
(1) Hartmeyer, S. (1997) Carnivory in
Byblis liniflora revisited
(I): A simple method for enzyme testing on carnivorous plants.
Carnivorous Plant Newsletter (ICPS), 26: 39-45
(2) Hartmeyer, S. (1997) Eine einfache Methode für
Enzymtests an Karnivoren Erstveröffentlichung unter dem Titel: "Carnivory
in Byblis revisited (I): A simple method for enzyme testing on
carnivorous plants", Carnivorous Plant Newsletter 26 (ICPS, Juni
1997) Das Taublatt (GFP), Heft 31: 20-27
(3)
Heslop-Harrison, Y., and Knox, R.B. (1971) A
cytochemical study of the leaf-gland enzymes of insectivorous plants of
the genus Pinguicula, Planta 96: 183 – 211
Hartmeyer, I. und Hartmeyer, S. (2000) "Reiseziel Insektivoren",
HUNTING VEGGIES® CD-ROM – Produktion IBS Multimedia
Todtnau-Brandenberg
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