Growing Carnivorous Plants - Ein Buch von Dr. Barry A. Rice rezensiert von Siegfried Hartmeyer Seit Charles Darwin 1876 mit „Insectivorous Plants" das erste Buch über Insektivoren veröffentlichte, hat das Wissen über diese ungewöhnlichen Pflanzen stetig zugenommen und wurde seither auch immer wieder von weiteren Autoren aktualisiert. In diese Reihe gehören zweifellos Francis Ernest Lloyd mit seiner Beschreibung fleischfressender Gattungen in seinem 1942 publizierten Buch „The Carnivorous Plants", Adrian Slack, der 1979 mit seinen Bildern und Kulturtipps in „Carnivorous Plants" sicher viel zur rasanten Zunahme der Karnivorenhaltung als Hobby beitrug, und damit in der Szene regelrecht zu einer Art Popstar wurde, sowie das wohl wissenschaftlichste und auch teuerste Buch von 1989 – sie werden kaum raten wie es heißt – „The Carnivorous Plants" von den Autoren B.E. Juniper, R.J. Robins und D.M. Joël. Ohne zuviel vorweg zu nehmen, gehört meiner Meinung nach inzwischen auch das 2006 von Dr. Barry A. Rice in englischer Sprache publizierte Werk „Growing Carnivorous Plants" (ISBN-13: 978-0-88192-807-0 und ISBN-10: 0-88192-807-0), was auf deutsch mit dem Begriff „Karnivorenhaltung" übersetzt werden kann, mit in diese prominente Reihe. Als Editor des „Carnivorous Plant Newsletter" (CPN) der internationalen Karnivorengesellschaft ICPS ist Barry A. Rice vielen Lesern sicher bereits bekannt. Wer mehr über seine Arbeit wissen möchte, kann dazu auf der Website www.sarracenia.com reichlich Berichte und Fotos finden. Zum Preis von 25 britischen Pfund (etwa 37 Euro) bietet sein bei Timber Press, Inc. (USA) erschienenes Buch 224 Seiten im Format 28,5 x 22,5 cm. Unterteilt in drei Sektionen, welche sich mit dem Wesen der Karnivoren befassen (Section I: The nature of carnivorous plants), eine ausführliche Beschreibung der Tiere fangenden Gattungen bieten (Section II: The botanical bestiary) und Anleitungen zur Heimkultur, sowie zum Verhalten an Naturstandorten beinhalten (Section III: Carnivorous plants in cultivation and the wild), wird in 22 unterhaltsam und kompetent geschriebenen Kapiteln das Wissen des Lesers auf den Stand des 21. Jahrhunderts gebracht. Neben den lange bekannten Gattungen der Gleit-, Leim-, Reusen-, Saug- und Klappfallenstellern wird auch die nur in wenigen Botanischen Gärten zu findende westafrikanische Liane Triphyophyllum peltatum erwähnt, sowie die inzwischen allgemein als karnivor anerkannten amerikanischen Bromelien Catopsis und Brocchinia. Auch die beiden Roridula Arten und ihre Symbiosen mit Wanzen der Gattung Pameridea werden beschrieben. Ja, sogar die unter Karnivorieverdacht stehenden Samen des auch bei uns heimischen Hirtentäschels (Bursa pastoris) sind kommentiert. Mit einem Hinweis auf die Tatsache, dass die Definition einer echten Karnivore heutzutage von Wissenschaftlern unterschiedlich ausgelegt wird, erwähnt der Autor auch noch das Lebermoos Colura, Gewächse mit Namen Dipsacus fullonum oder Paepalanthus bromelioides, sowie die nach meinen eigenen Untersuchungen nicht karnivore Passionsblume Passiflora foetida. Auch die karnivoren Pilze werden erwähnt, allerdings nur mit der korrekten Bemerkung, dass Pilze nun einmal keine Pflanzen sind, weshalb ihnen zweifellos ein eigenes Buch gebührt. Unbedingt erwähnenswert sind die zahlreichen brillanten Fotos, welche sowohl durch das große Buchformat und die ausgezeichnete Druckqualität wirken, als auch durch die Detailgenauigkeit, die mitunter erst im Zusammenhang mit dem dazugehörigen Text klar erkennbar wird. Barry A. Rice gelingt es damit unter anderem tatsächlich, sogar den Blick des erfahrenen Lesers fasziniert auf dem Foto einer total verwelkten Sarracenia purpurea verweilen zu lassen. Großer Stellenwert wird auch dem Habitatschutz eingeräumt, was nicht verwunderlich ist, da der Autor beruflich in der amerikanischen Naturschutzorganisation „The Nature Conservancy" tätig ist, wo sein engagierter Kampf besonders den „invasive plants" gilt, also Pflanzen welche als Exoten in fremde Lebensräume eindringen (oder eingebracht werden) und dort durch ungebremste Verbreitung die ursprünglichen Lebensformen bedrohen. Darunter befinden sich, wie nicht vergessen wird zu erwähnen, durchaus auch einige Drosera und Utricularia Arten. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, wenn man im letzten Teil des Buches auch noch nachlesen kann, wie man sich an empfindlichen Naturstandorten korrekt benehmen sollte, um sowohl die Natur, als auch sich selbst vor Schaden zu bewahren. Was missfällt mir an „Growing Carnivorous Plants"? Ganz ehrlich, diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Etwas vermisst habe ich vielleicht ein Bild der Liane Triphyophyllum peltatum. Sicher hätte man auch über eine so differenzierte Gattung wie den Sonnentau noch mehr Fakten schreiben können, aber dann hätte es wohl bald den Rahmen dieses Buches gesprengt, dessen Ziel eindeutig darin besteht, eine aktuelle Übersicht der Karnivorenwelt aus heutiger Sicht zu liefern. Unterhaltsam zu lesen, sehr ästhetisch in der Präsentation, obendrein fachlich fundiert sowie im Preis-Leistungsverhältnis fair. Nein, eigentlich missfällt mir nichts daran. Ich freue mich, dieses Werk im Bücherregal zu haben und kann es mit ruhigem Gewissen weiterempfehlen. |